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     2774  0 Kommentare Blähung beim Öl

    Der gegenwärtige Ölpreis wirkt auf die Börsen wie eine ungeheure Blähung auf das Wohlbefinden eines Menschen. Er fühlt sich mies und kann nicht mehr aufstehen. Und sein einziger Trost ist, dass man an Blähungen gemeinhin nicht stirbt. Doch dann, als er wieder eine fette Schweinshaxe mit einem herrlichen kühlen Maß Bier zu sich nimmt, erinnert er sich an den Film „Das Große Fressen“ und wird plötzlich schweigsam, zweifelnd und in sich gekehrt.

    Kann eine Gesellschaft auf Dauer überleben, die ihren gesamten Wohlstand auf eine endliche, nicht nachwachsende Ressource gegründet hat? Ganz sicher nicht! Das sagen schon alleine die Gesetze der Mathematik. Doch ist der Anfang vom Ende schon jetzt da?

    Ich glaube, beim Öl ist es genauso wie bei der Staatsverschuldung. Es sieht alles ganz danach aus, als ob das irgendwie nicht gut gehen kann – und dann wird trotzdem ganz langsam und beinahe unmerklich etwas passieren, was die Situation so entschärft, dass sie nicht mehr prägend ist: Schuldenstreckung, Einnahmeerhöhungen, Substitutionseffekte ... Um bei der Blähung zu bleiben: Die Luft wird langsam abgelassen. Und kaum einer wird sich dabei die Nase verätzen.

    In der Phase der augenblicklich pressierenden Blähung hingegen gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder– um es einmal vorsichtig auszudrücken – der Damm bricht und das Leben ist plötzlich ausgehaucht. Oder es findet, um eben dieses Ereignis zu vermeiden, eine heftig knallende Entladung statt.

    Mein Tipp ist die zweite Variante. Und wenn ich nicht so eine Aversion gegen das Trading hätte und mir das Beobachten von kurzfristigen Preisschwankungen fast physischen Schmerz zufügen würde, dann würde ich mir jetzt den einen oder anderen Schein auf einen großen Pups am Ölmarkt kaufen.

    Und wenn das dann endlich passiert ist, wird auch der Aktienmarkt sicherlich wieder den einen oder anderen hoch bekommen.


    berndniquet@t-online.de

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Blähung beim Öl Der gegenwärtige Ölpreis wirkt auf die Börsen wie eine ungeheure Blähung auf das Wohlbefinden eines Menschen. Er fühlt sich mies und kann nicht mehr aufstehen. Und sein einziger Trost ist, dass man an Blähungen gemeinhin nicht stirbt. Doch …

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