Ist die positive Bilanzsaison wirklich noch ein Grund für Aktienkäufe - Seite 2
Dadurch klafft zwischen Gewinn- und Kursentwicklung ein extrem großes Loch, wie die folgende Grafik von FactSet zeigt, die ich schon einige Male hier in der Börse-Intern verwendet habe…
…zuletzt übrigens am 19. Mai. Damals lagen die Gewinnerwartungen für das 2. Quartal 2020 noch bei -41,9 % und für das 3. Quartal 2020 bei -23,8 %. Aktuell wird für das 3. Quartal 2020 ein Gewinnrückgang um -22,9 % erwartet (siehe auch folgende Grafik). Seit dem 19. Mai haben sich die Gewinnerwartungen zum 3. Quartal 2020 also insgesamt sogar um 3,78 % erhöht.
Aber so richtig vom Hocker haut mich das nicht. Zumal die Gewinnerwartungen für das Gesamtjahr 2020 aktuell bei einem Minus von 19,4 % liegen (siehe folgende Grafik). Das ist nur 0,3 Prozentpunkte besser als am 19. Mai (-19,7 %).
Und der S&P 500 notierte am 19. Mai bei ca. 2.950 Punkten. Seitdem hat der Index um fast 12 % auf mehr als 3.300 Zähler zugelegt. Die bereits sehr weit geöffnete Schere zwischen Gewinn- und Kursentwicklung ist daher noch weiter aufgegangen – auf ein Niveau, welches selbst kurz vor dem Corona-Crash nicht erreicht wurde und auch zu keinem anderen Zeitpunkt in den vergangenen 10 Jahren.
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Ähnliches gilt für das aktuelle Kurs-Gewinn-Verhältnis des S&P 500, welches derzeit bei 22 liegt (forward 12-month P/E ratio).
Für europäische Aktien sinken die Gewinnerwartungen weiter
Und ähnliches gilt auch für unsere heimischen Aktien. Im Gegensatz zur Entwicklung in den USA haben sich hier die Gewinnerwartungen für das 2. und 3. Quartal 2020 allerdings sogar weiter eingetrübt. Laut Refinitiv-Daten wird aktuell damit gerechnet, dass die Gewinne der Firmen im STOXX 600 (der Aktienindex beinhaltet die 600 größten europäischen Unternehmen) im Frühjahr um 67,5 % gegenüber dem Vorjahresquartal eingebrochen sind. Vergangene Woche war „nur“ mit einem Minus von 58,3 % gerechnet worden. Und für das 3. Quartal 2020 wird mit einem Rückgang um 37 % gerechnet, nach 36,2 % in der vergangenen Woche.
Der STOXX 600 notierte am 19. Mai (um gegenüber der S&P 500-Analyse bei gleichen Daten zu bleiben) bei rund 340 Punkten. Aktuell sind es etwas mehr als 364 Zähler, womit dem Index trotz
sinkender Gewinnerwartungen ein Kursplus von rund 7 % gelang.
(Der DAX notierte derweil am 19. Mai bei rund 11.000 Punkten. Seitdem hat der deutsche Leitindex um 15 % auf mehr als 12.600 Zähler zugelegt. Zwischenzeitlich waren es im
Hoch bei rund 13.300 Punkten sogar fast 21 %.)