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     1042  0 Kommentare Das Positive am Lockdown

    Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie die Kanzlerin am Beginn der Pandemie im letzten Jahr gesagt hat, das wäre die schlimmste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg.

    Ich denke, wir können wirklich froh sein, dass es sich nur um eine Pandemie und nicht um einen Krieg handelt, denn ansonsten gäbe es Deutschland heute gar nicht mehr.

     

     

    Krankheit hat ja bei aller Tragik auch immer etwas Positives. Man hält innere Einkehr, begreift, was man falsch gemacht hat und sieht seine eigenen Schwachstellen. Jedenfalls wäre das theoretisch möglich.

     

    Wir Deutschen haben ja stets gedacht, wir wären die Könige der Welt und müssten den anderen sagen, wie es geht. Jetzt jedoch merken wir, was für einem Zerrbild wir hier aufgesessen sind. Unsere vermeintliche Stärke ist nur eingebildet, in Wirklichkeit hinken wir weit hinterher.

     

    Obwohl ich eigentlich niemals mehr Fernsehen schaue, habe ich es mir zur Gewohnheit gemacht, am Samstag, Sonntag und Montag stets die Nachrichten am Nachmittag anzuschalten. Und dann warte ich immer bereits sehnsüchtig auf den Spruch bei den Coronazahlen, dass ja am Wochenende manche Gesundheitsämter die Zahlen nicht übermitteln würden.

     

    Ich finde das großartig. Was wir doch für eine freie Gesellschaft sind, in der so etwas auch nach über einem Jahr noch möglich ist.

     

    Ich muss dann immer an Kriegsszenen denken: „Soldat, machen Sie Meldung!“ „Nee, Herr Oberst, heute ist Sonntag.“ „Ach so, na dann gut.“

     

    Oder ich denke an den D-Day, den 6. Juni 1944 mit der Landung der Alliierten in der Normandie, dem wir in Deutschland alle unsere Freiheit zu verdanken haben. Dieser Tag war ein Dienstag. Was wäre da gewesen, wenn die britischen Truppen beim abendlichen Aufzug gesagt hätten: „Nö, wir haben am Montag immer unseren Spieleabend, können wir nicht einen Tag später starten?“

     

    Tja, wie Leben und Tod manchmal an sehr simplen Dingen hängen.

     

    Immer, wenn ich am Wochenende diese Nachrichten höre, weiß ich, dass das mit unserem Land so bald nichts mehr wird. Denn es ist einerseits zu markant und andererseits zu beharrlich. Und gilt pars pro toto. Da brauche ich gar kein Impfchaos mehr.

     

    Der nächste Schritt ist dann die Rettung des Weltklima mithilfe der mittelalterlichen Hydrauliktechnik. Wie modern sind da unsere Gesundheitsämter mit ihren Faxgeräten. Während andere Länder auf sicherste Atomkraft setzen, fangen wir den Wind mit Rädern ein.

     

    Und das neueste Projekt ist, das Licht mit Säcken in die Häuser zu bringen, weil wir dadurch die Energieverluste durch Fenster vermeiden. Dann werden auch Einfamilienhäuser wieder möglich, auf Leihbasis natürlich, wegen der hohen Scheidungsquoten.

     

    Es gibt halt für alles adäquate technische Lösung. Man muss nur ein bisschen tüfteln und dann beherzt entscheiden. Und Letzteres können wir ja.

     

    Mit dem Brücken-Lockdown zum Beispiel. Also: Let´s lock down the bridge, the bridge over troubled water. Und zur guten Laune: Lock around the clock.

     

     

    Bernd Niquet

     

    berndniquet@t-online.de

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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