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     943  0 Kommentare Selten so wenig Sorgen am Markt erlebt

    Natürlich kann ich mich im Gegensatz zu Zeitgenossen wie Hans A. Bernecker nicht einmal mehr an Bruchteile dessen erinnern, was ich an der Börse alles mitgemacht habe.

    Selten so wenig Sorgen am Markt erlebt

     

    Der Markt wie ein toter Papagei?

     

    Dennoch habe ich das Gefühl, so eine Ruhe wie jetzt noch nie erlebt zu haben.

     

    (Und wäre ich wie Hans A. Bernecker, dann wäre ich mittlerweile bestimmt bereits an meinem Schlipsknoten verendet.)

     

    Wenn ich auf meine Aktien schaue, selbst die Tech-Werte wie die drei großen A´s oder den Dax, da bewegt sich rein gar nichts. Die täglichen Schwankungsbreiten liegen schon seit Wochen in einem so geringen Bereich, wie es ihn höchstens in den 60er oder 70er Jahren gab, als die Aktien größtenteils noch in festen Händen lagen.

     

    (Wobei ich natürlich sofort an das „Dead Parrot Sketch“ der Monty Pythons denken muss: „Look, I took the liberty of examining that parrot when I got it home, and I discovered the only reason that it had been sitting on its perch in the first place was that it had been NAILED there.“)

     

    Doch wer hat die Aktien da festgenagelt? Und sind sie tot wie der Papagei? Es sieht aus, als wolle niemand rein und niemand raus. Oder eben genauso viele gerne rein wie gerne raus.

     

    Letzteres würde erklären, dass wir jetzt trotzdem einen Wechsel der Führung für den nächsten Aufschwung bekommen, der eben nicht mehr von Unternehmensgiganten wie Apple, Amazon und Alphabet angeführt werden wird. Doch kann so ein Wechsel so lautlos erfolgen? Ich glaube kaum.

     

    Interessant sind natürlich immer die Börsenkommentare: Wenn der Dax um ein halbes Prozent steigt, sind die Anleger eben zuversichtlich, ist er hingegen um ein halbes Prozent gefallen, waren die Inflationsängste schuld.

     

    Für mich ist das rätselhaft, doch für mich ist ja das Meiste, was heute passiert, rätselhaft. Aber Hauptsache, es gibt überhaupt noch Erklärungen.

     

    Was mich zu einem Thema führt, das mir sehr auf der Seele liegt und das leider ganz anders und trotzdem total ähnlich ist.

     

    Mein größter Held der Gegenwart, Alexej Nawalny, hat gerade im Straflager seinen Geburtstag gefeiert. Und die russische Justiz hat viele seiner Organisationen als extremistisch eingestuft und verboten.

     

    Dazu zeigt man Bilder von Nawalny aus guten Zeiten. So sieht der Mann heute jedoch nicht mehr aus. Ich finde das Betrug. Warum machen unsere Zeitungen das?

     

    Noch schlimmer scheint zu sein, was derzeit mit  Roman Pratassewitsch passiert, dem aus dem Flugzeug gekaperten Belarus-Oppositionellen.  Natürlich sagt man unter der Folter genau das, wozu man gezwungen wird.

     

    Das wirklich Fürchterliche an diesem Fall hat jedoch keine Zeitung auch nur ansatzweise einmal angesprochen. Dass man nämlich seine Freundin mit festgenommen hat. Und da braucht man dann eigentlich keine große Phantasie mehr. Die Schreie werden sicherlich durch alle Wände schallen.

     

    Die EU hat hier schnell und entschlossen gemeinsam gehandelt. Ich freue mich sehr darüber. Doch warum traut man sich nicht, das Schreckliche tatsächlich zu denken?

     

    Aber das ist ja heute beinahe überall so. Diese Blase überzieht heute die gesamte Welt.

     

     

    Bernd Niquet

     

    berndniquet@t-online.de

     

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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