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     704  0 Kommentare Nein, nicht das Papier, Nancy!

    Meine Güte, das mit der Rakete ist ja gerade noch einmal gut gegangen, Nancy, oder?

    Das mit der Inflation, Nancy, das nehme ich euch wirklich übel. Das seid ihr doch gewesen, die uns das übergezogen haben. Und was soll denn jetzt aus meinen Büchern werden bei dieser Übertreibung am Papiermarkt?

     

    Hätte ich mich da hedgen sollen? Ach, das verstehst du nicht, ich verstehe Nancy. Ich weiß ja auch gar nicht, ob es hier überhaupt handelbare Kontrakte gibt.

     

    Ich bin ja letztlich auch selbst schuld, denn die Bücher wollte doch schon zu 18 Euro fast niemand, und wo jetzt das neue Buch, das schöne grüne 23,50 Euro kostet, weil das Papier so teuer geworden ist, hat sich die Lage natürlich nicht verbessert.

     

    Aber natürlich, bei dir geht es da um ganz andere Summen, Nancy. Doch das mit dem Bargeld jetzt, das hat doch auch etwas mit dem Papierpreis zu tun, gib es zu, Nancy! Und was ist eigentlich mit eurer Papierministerin?

     

    Und leiden wir hier in Berlin nicht schon genug unter den Clans, müssen wir das mit dem Geld jetzt auch noch wegen dieser Leute machen? Hat der Staat da keine andere Möglichkeit? Aber das ist doch sowieso nur eine Ausrede, oder? Du willst uns doch pflanzen, Nancy.

     

    Das alles wirklich nur wegen des Papierpreises und wegen Arafat, Nasser, Rommel sowie dem Rest? Die normalen Leute habe da ganz andere Probleme, weißt du Nancy, aber davon kriegst du ja nichts mehr mit in deiner gepanzerten Limousine.

     

    Soll ich dir mal erzählen, wie das bei den normalen Leuten ist? Die so wie ich von ihren Büchern leben? Gestern, da kam jemand und wollte wirklich ein Exemplar von dem ganz neuen haben, dem schönen grünen. Ich habe es ihm gegeben und gesagt: „23,50 Euro bitte!“

     

    Da hat er mich angeschaut, als sei ich nicht mehr recht bei Trost und hat gemeint: „23,50 für ein Buch, hast du sie noch alle?“ Dann hat er es mir zurückgegeben und gesagt: „Das kannst du dir dafür in den Hintern schieben!“

     

    So ist das wahre Leben, Nancy. Mit solchen Sachen haben wir heute alle zu kämpfen. Doch ich habe Haltung bewahrt und ihm nicht gesagt, dass das gar nicht geht, was er von mir wollte, weil da ja schon das Pfund Bio-Tomaten für 30 Euro drinnen steckt.

     

    Irgendwie muss man doch über die Runden kommen, nicht Nancy? Auch wenn man keinen Hubschrauber zur Verfügung hat.

     

    Und was ist eigentlich mit Ihnen, liebe Leser? Die Gewinne des Börsenjahres reinvestieren? Ah, Verluste, ich verstehe. Doch auch hier springen Ihnen ja Nancys Leute bei und beteiligen sich mit 25 %.

     

    Auf diese Weise macht man dann natürlich selbst aus Börsianern Bedürfnisempfänger. Ich sage ja, das zieht sich durch alle Bereiche durch. Überall macht der Staat die Menschen zu Almosenempfängern.

     

    Doch Ihre Entscheidung, liebe Leser, ist dennoch wirklich als rational zu bezeichnen, schließlich ist 25 ja deutlich mehr als 23,50.

     

    In diesem Sinne wünsche ich eine schöne Vorweihnachtszeit. Und schauen Sie in den Himmel, bald kommt sicherlich wieder eine Rakete, die den Weisen aus dem Morgenland den Weg zu unserem Herrn weisen wird.

     

     

    Bernd Niquet

     

    berndniquet@t-online.de

     

     

     


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Nein, nicht das Papier, Nancy! Der Staat macht selbst Börsianer zu Almosenempfängern