2007 wird ein „gemischtes“ Jahr
Zu Jahresbeginn werden wieder die Glaskugeln bemüht und Prognosen für das neue Jahr gemacht. Von Relevanz sind solche Prognosen kaum, da keiner die berühmte Glaskugel hat und jede Prognose von
bestimmten Annahmen ausgeht, die dann einfach „hochgerechnet“ werden. Diese Annahmen sind oft monokausal, wobei das internationale Börsengeschehen sehr komplex miteinander vernetzt ist. Es ist
insofern auch schwer vorhersehbar, welche News die internationalen Kapitalströme in diesem Jahr dominant beeinflussen werden. Das letzte Jahr war das „Jahr des Drachens“ mit den größten
Kapitalzuwächsen in China, wobei die Hongkongaktien trotz Kursverdoppelung immer noch aussichtsreich erscheinen. In den Vorjahren war es hingegen schwer, Geld dauerhaft und nachhaltig in China zu
verdienen. So sind in Emerging Markets die Verlierer der Vergangenheit oft die Gewinner der Zukunft.
Nach meiner Einschätzung haben die Ostbörsen aufgrund des robusten Wachstums weiterhin die Chance der Outperformance gegenüber den Westbörsen, die nun schon drei Jahre lang anhält. Das neue
Allzeit-Hoch an der Wall Street trotz stark steigender Zinsen am kurzen Ende (nicht am langem) mag so manchen Experten im letzten Jahr positiv überrascht haben. Ich gehe aber davon aus, dass wir in
diesem Jahr die weit überdurchschnittlichen Performanceergebnisse der letzten Jahre nicht wiederholen können - mit Ausnahme vielleicht bei einigen Nischen- bzw. Randmärkten wie die Ukraine und die
Balkan-Länder. Dort, wo wenig Kapital hinein geflossen ist, kann auch nur wenig heraus fließen. Einige Ostbörsen haben eine negative Korrelation zu den etablierten Westbörsen und entwickeln daher
eine Eigendynamik. So galt in den Bärjahren 2000 bis 2003 ausgerechnet die von vielen Marktteilnehmern als besonders risikoreich eingestufte Moskauer Börse als halbwegs „sicherer Hafen“. Die Moskauer
Börse war übrigens einer der wenigen Börsen der Welt, die in diesem Zeitraum eine positive Performance aufweisen und sich damit wohltuend von der Wall Street abkoppeln konnte – ganz im Gegensatz zum
DAX, der damals besonders extrem von 8000 auf 2600 Indexpunkte abstürzte. In diesem Jahr könnten die Balkan-Länder und einige neu entdeckte Ost-Märkte (wie Ukraine, Kasachstan, Georgien) als halbwegs
„sicherer Hafen“ in einem temporär unwirschen Umfeld in Betracht kommen. Ich erwarte wie schon im letzten Jahr im Mai/Juni stärkere Kurschwankungen, sprich kräftige Korrekturen von über 15%, aber
auch ein Chancenpotential von 20-30%, also gute Trading-Momente. Die meisten Anleger und Analysten sind für dieses Jahr – auch für die USA – sehr bullish gestimmt. Ich bin da einer ganz anderen
Meinung und glaube eher an eine Seitwärtsbewegung per Saldo mit kräftigen Korrekturen und Abschwächungstendenzen zwischenzeitlich. Achten sollte der Anleger auf die Zinspolitik in den USA und in
Japan. Weiter steigende Zinsen in den USA lassen eine deutliche Wirtschaftsabschwächung, möglicherweise sogar eine Rezession erwarten von der auch China negativ beeinflusst werden könnte. Die
Immobilienkrise und die relativ hohen Zinsen werden in den USA mit einem gewissen Timelag erst in diesem Jahr voll durchschlagen. Wie sich die Verschuldungsspirale in den USA letztendlich auflösen
wird und wohin der Dollar marschiert, darf man gespannt sein.