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    Egbert Prior  10335  0 Kommentare Thielert –das "heißeste" Papier seit dem Neuen Markt?

    Sie können mir glauben, an der Börse habe ich schon viel erlebt. Doch einen so krassen Fall von Überbewertung wie jetzt bei Thielert, immerhin ein Vertreter des SDAX, zieht selbst mir die Schuhe aus. Der Hersteller von Motoren für Kleinflugzeuge kommt beim aktuellen Kurs (rund 20 Euro) auf ein Börsengewicht von 400 Millionen Euro. Dabei setzte Thielert letztes Jahr gerade einmal knapp 60 Millionen Euro um. Das Kurs-Umsatz-Verhältnis abenteuerliche 6,7. Das KGV (2007) beläuft sich nach unserer Schätzung sogar auf knapp 100. Die Marktkapitalisierung entspricht fast dem vierfachen Eigenkapital. Dennoch findet Unternehmensgründer und Vorstandschef Frank Thielert immer wieder Bankanalysten, die an seine angeblich so tolle Wachstumsstory glauben. Ich frage mich, sind diese Analysten nun dumm oder gekauft? Den Vogel schießen mit ihren Studien die amerikanischen Investmentbanken Goldman Sachs und Citibank ab. Sie meinen, daß die Thielert-Aktie erst mit 28 Euro angemessen bezahlt sei. Das entspräche einer schlappen Bewertung mit einem KGV von 140, das Kurs-Umsatz-Verhältnis groteske neun. Dabei hat die angeblich so sensationelle Thielertsche Wachstumsstory eine böse Delle bekommen. Im ersten Quartal brach der Vorsteuergewinn um ein Viertel auf 1,3 Millionen Euro ein. Gleichzeitig herrscht derartig Ebbe in der Firmenkasse, daß es einem Angst und Bange werden muß: Im ersten Quartal schrumpfte die Liquidität um 4,6 Millionen auf nur noch 640.000 Euro. Zwar weist ein Unternehmenssprecher die Gefahr einer Schieflage weit von sich, doch für einen außenstehenden Investor erscheint die bilanzielle Lage äußerst riskant. Zudem wollen auch böse Gerüchte nicht verstummen, Thielert könnte zu den Nachfahren des Barons von Münchhausen zählen. Seit Monaten schon ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg gegen Thielert, unter anderem wegen Prospekt- und Bilanzbetrugs. In diesem Zusammenhang steht auch die verspätet vorgelegte Bilanz, in der Thielert zuvor hinausposaunte Gewinn- und Umsatzzahlen kräftig nach unten revidieren mußte. Unverdrossen halten die Analaysten an ihren euphorischen Kurszielen fest. Sie glauben Frank Thielert, daß sein Unternehmen unmittelbar vor dem Durchbruch stehe. Bislang hat er mit der Firma Diamond Aircraft, einem Hersteller von Kleinflugzeugen, im zivilen Bereich erst einen wirklich bedeutsamen Kunden. Die Hoffnungen der Analysten ruhen nun darauf, daß Thielert demnächst auch Cessna und Cirrus, das sind der größte und zweitgrößte Produzent von Kleinflugzeugen weltweit, aus dem Hut zaubern wird. Indes berichtet das Fachmagazin Aerokurier über ein Statement von Cirrus-Chef Alan Klapmeier, daß der Thielert-Motor für das Cirrus-Erfolgsmodell SR22 für den serienmäßigen Einbau derzeit nicht in Frage komme. Unter Branchenkennern bestehen auch erhebliche Zweifel, ob sich Cessna jemals für die serienmäßige Ausrüstung von Thielert-Aggregaten entscheiden wird. Und noch viel schlimmer: Der einzige zivile Großkunde, Diamond Aircraft, hat angeblich eigene Pläne für die Entwicklung von Dieseltriebwerken. Sollte diese Informationen, für die wir allerdings bislang keine Bestätigung erhalten konnten, zutreffen, könnte es Thielert eines Tages passieren, ohne Kunden unter den bedeutenden Originalausrüstern dazustehen. Um es noch einmal klar zu sagen: Wir sehen bei der Thielert-Aktie das Chance-Risiko-Profil als reichlich ungünstig an. Selbst wenn sich die Aktie halbiert, wäre die Bewertung immer noch ambitioniert. Wir vermuten, daß der Kurs manipuliert und künstlich hoch gehalten wird. Die Frage ist allerdings, von wem? Auffallend ist das Engagement des holländischen Hedgefonds Global Asset Management, der trotz aller Hibosbotschaften sein Engagement munter auf 18 Prozent aufgestockt hat. Auch die namhafte Beteiligungsgesellschaft Schroders ehröhte unlängst ihren Anteil auf knapp 11 Prozent. Doch große Namen schützen nicht vor Dummheit. Das hatte schon der Neuer-Markt-Skandal Comroad, den ich damals maßgeblich mit aufdeckte, gezeigt. Bei Comroad war es die Investmentbank Merrill Lynch, die sich kurz vor dem Totalzusammenbruch nochmal schnell mit einem hohen zweistelligen Millionenbetrag beteiligte.



    Egbert Prior
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    Verfasst von Egbert Prior
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