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     2436  0 Kommentare Die neuen Mutproben



    Wer sich jetzt nicht beginnt zu fürchten ...

    Der tägliche Mist, der so passiert, ändert sich im Zeitablauf eigentlich nie. Doch abseits davon, im Großen, da sind die Dinge in Bewegung gekommen. Ein gewisses Gruseln steigt in einem auf. Wer sich jetzt nicht beginnt zu fürchten, scheint immun. Der neue Mensch ist vielleicht wirklich keine Utopie mehr.

    In der Jugend der heute Erwachsenen bestanden Mutproben darin, Alkohol zu trinken oder in Selbstbedienungsläden zu stehlen. Im England der Gegenwart hat sich das Spektrum dahingehend ausgeweitet, Kinder zu erschießen. In vergangenen Zeiten war die Welt durchaus real und hatte überall ihre Grenzen. Heute hingegen regiert das Virtuelle. Heute kann jeder alles haben und muss das sogar, weil er ansonsten gar kein richtiger Mensch mehr ist.

    Dies ist der Beginn der Periode, in der der Mensch beweist, dass er mit Freiheit nicht umgehen kann.

    Die Mutproben an den Märkten sehen ähnlich aus. In vergangenen Zyklen wusste man, wo Risiken steckten und wo nicht. Heute hingegen werden Risiken so lange auseinandergenommen und wieder zusammengefügt, bis niemand mehr weiß, wo sie sind – und es recht niemand das mehr wissen möchte. Heute kann jeder AAA-Bonitäten erwerben – wie die Sächsische Landesbank es getan hat.

    Dies ist der Beginn der Periode, in der das System beweist, dass es mit Freiheit nicht umgehen kann.

    Wer sich jetzt nicht beginnt zu fürchten, scheint immun. Der neue Mensch ist vielleicht wirklich keine Utopie mehr. Und das alte Eisen wird bald sowieso verrostet sein. Oder Pleite. Oder anderweitig vernichtet.

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Die neuen Mutproben Wer sich jetzt nicht beginnt zu fürchten ... Der tägliche Mist, der so passiert, ändert sich im Zeitablauf eigentlich nie. Doch abseits davon, im Großen, da sind die Dinge in Bewegung gekommen. Ein gewisses Gruseln steigt in einem auf. …