Eingependelt
Fragiles, aber dennoch beharrliches Marktgleichgewicht
Die Nachrichten sind einerseits besorgniserregend, stimmen andererseits aber auch hoffnungsvoll. Und die Märkte schwingen in engen Spannen hin und her. Hatte bis vor einiger Zeit noch ein regelrechter Herdentrieb geherrscht, bei dem die große Mehrheit der Marktteilnehmer stets einer Meinung war, so haben sich jetzt anscheinend zwei Lager gebildet, die derzeit gut gegeneinander ausgependelt sind.
Wie eine Waage hat der Markt ein Preisniveau gefunden, bei dem sich die Zuversicht derjenigen, die die gegenwärtige Krise für einen mit anderen Rezessionen durchaus vergleichbaren Kursrückgang halten, mit der Angst derjenigen ausgleicht, die weit Schlimmeres erwarten. Wenigstens der Aktienmarkt funktioniert hier beispielhaft, wie ein Markt funktionieren soll. Er bringt die gegenseitigen Positionen zur Übereinstimmung und bewirkt damit ein Gleichgewicht.
Dieses Gleichgewicht mag durchaus kurzfristigen Charakter haben und sehr verwundbar sein, denn durch jede neue Nachricht wird es gestört. Doch trotz der gewichtigen Entscheidungen und Ereignisse der letzten Wochen hält dieses Gleichgewicht vorerst. Der Ausbruch nach oben gelingt ebenso wenig wie der Absturz nach unten passiert. Erst weitere und neuere Informationen werden zeigen, ob die Optimisten oder die Pessimisten von ihren gegenwärtigen Positionen abschwören müssen.
Im Grunde genommen erübrigt sich damit jedes weitere Wort über den Markt. Was einzelne Marktteilnehmen über den Markt sagen, ist uninteressant. Niemand weiß mehr als der andere. Die Informationen sind gleich verteilt. Unterschiedlich sind nur die Wertungen und die Meinungen. Und so läuft die Grenze zwischen Furcht und Zuversicht nicht nur mitten durch den Markt, sondern vielfach auch mitten durch die Akteure selbst hindurch. Ich habe dies in der letzten Woche zu schildern versucht.
Als ich meine Positionen zum Teil abgesichert habe, ging es hoch, als ich die Absicherung dann aufgeben wollte, wieder herunter. Jetzt bin ich für mich selbst sowohl kein geeigneter Indikator noch ein geeigneter Kontraindikator mehr. Damit ist der Zustand der größtmöglichen Verwirrung erreicht. Im Gleichgewicht schwingen Materie und Geist mit Gravitationsgeschwindigkeit hin und her, und zwar so lange, bis einer signifikanten Anzahl schlecht wird. Das ist dann der Ausbruch zu einer neuen Reise, die allerdings ebenfalls im Zickzack erfolgen wird.
Irgendwann jedoch ist das alles zu Ende. Dann werden die alten Sorgen durch neue ersetzt und die alten Zuversichten weichen ebenfalls neuen. Meine persönliche Meinung ist, dass wir uns dann eher auf einer grünen Wiese als in der Hölle befinden. Und deswegen schließe ich jetzt die Augen – und versuche, zwischendurch nicht zu viele Nerven, Zeitprämien und Lebensfreude zu verlieren.