Geschichtsfälschung
Lehman-Pleite war nicht Ursache der Finanzkrise
Geschichtsschreibung muss anscheinend immer falsch sein. Sie muss Personen in den Himmel heben und große Ereignisse erfinden, um im Gedächtnis der Menschen verankert zu bleiben. Die Wirklichkeit ist allerdings meistens wesentlich banaler gewesen.
Dass der Sturm auf die Bastille beispielsweise die Französische Revolution ausgelöst habe, ist bestenfalls ein schönes Märchen. Es gibt jedoch auch gefährliche Märchen. Eines davon lautet: Die Lehman-Pleite ist die Ursache für die Finanzkrise 2008/2009.
Das können wir heute, am zweiten Jahrestag dieses Ereignisses, nahezu überall lesen, beginnend bei Spiegel-Online und in endend in jedem kleinen Provinzblatt. Doch es stimmt mit den Fakten in keiner Weise überein. In meinem Finanzkrisen-Buch habe ich das ausführlich beschrieben.
Und warum ist dieses Märchen nun gefährlich? Weil es suggeriert, dass eine Krise, die auf einer allgemeinen Schieflage des gesamten Finanzsektors beruhte, sich auf ein singuläres Ereignis zurückführen ließe. Denn die Lektion daraus kann doch nur heißen: Wenn man keine große Bank mehr zusammenbrechen lässt, wird sich so eine Krise nicht wiederholen.
Das jedoch trifft die Wirklichkeit nicht. Man muss viel früher ansetzen. Man sollte jedenfalls. Denn irgendwie sind wir über diesen Punkt schon wieder hinaus.