Kampf gegen die Deflation
Was bedeutet die Ansage der EZB für DAX, Gold & Co?
Mit Spannung hat der Markt auf die Sitzung der Europäischen Zentralbank gewartet. Die Lage ist diffizil. Die Wirtschaft erholt sich zumindest in Teilen, gleichzeitig sind die Preise weiter unter
Abwärtsdruck. In Spanien sind sie im März sogar erstmals seit Oktober 2009 wieder gesunken. Um 0,2 Prozent haben sich die Verbraucherpreise auf Jahressicht. Das ist nicht viel, aber zeigt, dass der
Trend weiter in diese Richtung geht. Doch anders als viele Medien dazu geschrieben haben, ist Spanien damit noch nicht in die Deflation gerutscht. Per Definition ist eine Deflation nicht gleich
gegeben, wenn die Preise einmal rückläufig sind, sondern erst, wenn sich die Erwartung der sinkenden Preis in den Köpfen der Verbraucher und Unternehmen verankert hat und dadurch dann zu Konsum-
und Investitionsverzicht führt, da man ja davon ausgeht, das bald günstiger machen zu können. Soweit sind wir noch nicht, aber kein Zweifel: Die Gefahr, dass es soweit kommt ist real. Was
kann man dagegen tun? Die EZB hat sich, wie man auf der Pressekonferenz im Anschluss merken konnte, bereits intensiv darüber Gedanken gemacht. Natürlich sagt die EZB es drohe keine Deflation – denn
mit dieser Aussage alleine würde die Notenbank eine Deflation gleich noch viel wahrscheinlicher machen! –, aber alleine die Tatsache, dass sie nun auch intensive und unkonventionelle Maßnahmen
ernsthaft diskutiert, zeigt, dass ein dringender Handlungsbedarf besteht. Denn ist man erst mal in die deflationsfalle gerutscht, kann es sehr schwierig sein, da wieder herauszukommen! Da kann
Japan ein Lied davon singen! Erst jetzt gelingt es der Regierung der Bank of Japan langsam, die Deflationsspirale zu durchbrechen. Fast ein Viertel Jahrhundert nachdem sie begann!
Wie Mario Draghi auf der Pressekonferenz bestätigt hat, ist die EZB bereit, auch unkonventionelle Maßnahmen zu ergreifen. Die Notenbanker gehen davon aus, dass die Inflationsdaten noch mindestens
bis Ende 2015 „auf außerordentlich niedrigem Niveau“ bleiben dürften. Grund ist die immer noch extrem niedrige Auslastung der Produktionskapazitäten. Laut Draghi ist daher auch der Beschluss
einstimmig gefasst worden, notfalls auch unkonventionelle Maßnahme zum Kampf gegen die niedrige Inflation einzusetzen. Was heißt das? Der EZB-Rat hat laut Draghi erstmals über Quantitative Easing
(QE) nach amerikanischem Vorbild gesprochen! Das würde bedeuten, die EZB kauft Anleihen an, um den Markt mit Liquidität zu überschwemmen! Was QE 1 bis 3 von der Fed bewirkt
haben, ist hinlänglich bekannt: Insbesondere die Aktienmärkte wurden befeuert von der Liquiditätsschwemme, da sich Anleihen für die ganz großen institutionellen Investoren (Pensionsfonds etc.)
nicht mehr rentiert haben. Durch die Käufe der Fed steigen die Kurse der Anleihen, was im Umkehrschluss niedrigere Renditen bedeutet. Dadurch waren die Investoren im Anlagenotstand und haben
gigantische Summen vom Anleihenmarkt in den Aktienmarkt umgeschichtet. Dadurch wurde die famose Rallye der letzten beiden Jahre ausgelöst. Es ist daher durchaus denkbar, dass dies auch in den
europäischen Aktienmärkten dann passieren könnte. Vor allem Nachzügler-Märkte wie Italien dürften dann abheben. Der FTSE MIB gehört aber auch so schon zu meinen
Favoriten unter den europäischen Märkten. Mit Matteo Renzi haben die Italiener erstmals seit langem wieder einen echten Hoffnungsträger an der Spitze, der nicht nur redet und verwaltet, sondern der
auch aktiv Reformen angeht. Der schlafende italienische Riese – in früherer Verfassung war die italienische Wirtschaft sehr stark – könnte daher bald wieder geweckt werden. Zudem ist das
Aufholpotenzial gigantisch! Während der DAX quasi am Allzeithoch notiert, ist der italienische Leitindex noch mehr als 50 Prozent unter seinem Rekordhoch! Aber auch der DAX dürfte dann, wenn die
EZB tatsächlich ihren Worten auch Taten folgen lässt, weiter marschieren und die 10.000-Punkte-Marke weit hinter sich lassen. Bei Gold ist die Frage schon etwas schwieriger zu beantworten, zumal
Europa sicher nicht der dominierende Faktor im Angebots- Und Nachfragespiel bei dem Edelmetall ist. Die Tatsache, dass die EZB Geld druckt, würde natürlich rein lehrbuchtheoretisch für steigende
Goldpreise sprechen. Allerdings nur, wenn dadurch eine Inflationsgefahr ausgeht. Aber genau das ist drzeit ja nicht gegeben. Im Gegenteil: Die EZB wird diese Maßnahmen – die für die Notenbanker ja
auch mit Sicherheit heftigen politischen Gegenwind auslösen würden – nur ergreifen, wenn die Gefahr einer echten Deflation greifbar ist. Doch genau das spricht dann gegen Gold. In einer Deflation
ist Gold nicht das Investment der Wahl. Daher dürfte die endgültige Ankündigung von QE durch Draghi allenfalls ein kurzes Strohfeuer bei Gold auslösen, bevor es dann wohl in den dreistelligen
Bereich ginge. Daher sollten Anleger genauestens die Aktivitäten der EZB beobachten. Kommt QE, dann sollten Aktien dem Gold bevorzugt werden. Neben deutschen Aktien sollten sich Anleger dann vor
allem Unternehmen aus Italien genauestens anschauen!