34f-Prüfer
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„Berater sind nicht vorbereitet“ - Seite 3
FundResearch: Sie glauben das nicht?
Juretzek: Ich kann es nicht nachprüfen, mir aber eigentlich nicht vorstellen, dass das alles fehlerfrei und vollständig ist. Das was der komplette Prüfprozess erfordert, kann nur dann maschinell erledigt werden, wenn alle Daten vollständig (inkl. der Buchhaltung) auf dem Zentralrechner liegen. Natürlich kann ich als Prüfer ein Raster machen, anders geht es ja nicht, aber das muss je nach Fall angepasst werden. Darin steckt viel Individualität. Der § 18 FinVermV beispielsweise schreibt vor, dass individuelle Begründungen geliefert werden müssen. Wie soll das denn technisch funktionieren? Es sei denn, die Produktempfehlungen werden nicht individuell – wie gesetzlich gefordert – sondern standardisiert und möglicherweise ohne ordnungsgemäße Geeignetheits- und Risikotragfähigkeitsprüfung begründet. Ich bin gespannt, ob die Aufsichtsbehörden die Unterschiede und Knackpunkte werden erkennen können und wie sie darauf reagieren.
FundResearch: Welche Knackpunkte?
Juretzek: Die weit überwiegende Zahl der Berater stützt sich auf Datenerfassungsbögen und Beratungsprotokollformulare, sei es offline oder online. Er vertraut auf die Richtigkeit, weil ihm gesagt wird, das sei alles rechtlich geprüft. Wenn es ihm aber bei einem Online-System ermöglicht wird, beispielsweise bei einer Beratung die Geeignetheitsprüfung abzuwählen, dann ist das ein schwerwiegender Mangel.
FundResearch: Warum sollte er das tun? Er weiß doch, dass er diese Prüfung braucht.
Juretzek: Das ist die Frage, ob er das weiß. Wer hat schon mal die FinVermV durchgelesen? Wenn man das nicht getan hat und man die Produktvermittlung zum Abschluss bringen möchte, dann glaubt man eben dem Poolrechner.
FundResearch: Und wer haftet, wenn etwas schiefgeht?
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Juretzek: Selbstverständlich der Berater. Er könnte zwar versuchen, Rückgriff zu nehmen. Aber die Plattform sagt natürlich: „Lieber Berater, du hast dich selber darum zu kümmern, dass alles den Regeln entspricht". Das trifft so zu; der Berater ist gegenüber dem Kunden und der Aufsicht verantwortlich.
FundResearch: Gut, die einschlägigen Regeln wurden aber auf vielen Vortragsveranstaltungen, in den einschlägigen Finanzmagazinen und in Terminen mit Beratern rauf- und runtergepredigt, oder?
Juretzek: Ich habe vor kurzem einen Vortrag vor Führungskräften gehalten und gefragt, wer die Finanzanlagenvermittlerverordnung (FinVermV) besitzt. Das waren keine zehn Prozent. Und noch weniger haben sie gelesen. Das gleiche Ergebnis konnte ich im vergangenen Jahr auf Veranstaltungen quer durch Deutschland feststellen. Das ist das große Problem der Branche. Und letztlich ist das auch das Problem der Prüfpflicht, denn das Thema wird nicht ernst genommen. Nach dem Motto: Das soll doch mein Steuerberater für kleines Geld mal eben mitmachen; geht aber nicht.