Mut und Respekt
"Porsche-Prozess" - Staatsanwaltschaft hat öffentliche Demütigung nicht verdient
Die öffentliche Demütigung in der mündlichen Urteilsverkündung („An den Vorwürfen der Stuttgarter Staatsanwaltschaft ist nichts dran, nichts - weder vorne, noch hinten, noch in der Mitte.“) hatte
die Staatsanwaltschaft Stuttgart nicht verdient. Marktmanipulation im Strafverfahren nachzuweisen ist immer mit größten Beweisproblemen verbunden. Anders als etwa bei einem Gewaltdelikt kann kein
Zeuge die Tat direkt beobachten, keine daktyloskopische Untersuchung die Fingerabdrücke der Verdächtigen feststellen, kein DNA-Sachverständiger zur Überführung beitragen. Die Staatsanwaltschaft ist
auf einen indirekten Nachweis der Tat angewiesen.
Daher kommt es selten überhaupt zu einer öffentlichen Hauptverhandlung. Die Materie ist von höchster wirtschaftlicher Komplexität und füllt oftmals hunderte Aktenordner. Um darin nicht zu
ertrinken, einigen sich häufig überlastete Staatsanwälte mit hochdotierten Verteidiger-Teams schon im Ermittlungsverfahren auf eine einvernehmliche Lösung.
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat sich anders entschieden und ihrem öffentlichen Auftrag folgend Anklage erhoben. Das ist mutig und verdient Respekt, unabhängig vom Verfahrensausgang.
Schließlich wäre es zu gar keinem Hauptverfahren gekommen, wenn nicht auch das Gericht nach § 203 StPO zunächst eine Verurteilung für wahrscheinlicher als eine Nichtverurteilung gehalten hätte.
Daraus muss nicht die für die Verurteilung notwendige Überzeugung von der Schuld der Täter folgen. Aber die Kehrtwende zu „nichts dran, nichts“ erstaunt und dürfte in der Revision kritisch
überprüft werden.
Auch wird man als Folge dieses Verfahrens noch genauer darauf schauen müssen, ob politische, etwa gesetzgeberische Konsequenzen notwendig sind. Denn wenn ein derart großes und merkwürdiges Rad
gedreht und doch ziemlich offensichtlich getrickst wird am Finanzmarkt, würde man eigentlich erwarten, dass das auch rechtlich geahndet werden kann.