Dumme Eichhörnchen und die schwarze Null
Von Krise keine Spur? Die Lebenslüge vom Leistungsbilanzüberschuss - Seite 2
Anders ist das, wenn man als weiteren Sektor das Ausland mit einführt. So kann es sein, dass ein Land Ersparnisse aus dem Ausland importiert oder eigene Ersparnisse exportiert. Die Summe der Finanzierungssalden der nun vier Sektoren – private Haushalte, Unternehmen, Staat und Ausland – ist allerdings auch hier zwingend Null; andere Größen spielen eine untergeordnete Rolle. Wichtig zu wissen ist zudem, dass ein Nettokapitalimport aus dem Ausland zwangsläufig ein genauso großes Handelsdefizit bedeutet. Umgekehrt bedingt ein Handelsüberschuss immer auch einen Nettokapitalexport in gleicher Höhe.
Schauen wir uns die Zahlen für Deutschland für das Jahr 2015 genauer an (Quelle: Statistisches Bundesamt):
- Finanzierungssaldo private Haushalte: 4,8 Prozent vom Bruttoinlandsprodukt (BIP). Das bedeutet, alle Haushalte zusammen haben netto im Volumen von 4,8 Prozent des BIP gespart.
- Finanzierungssaldo Unternehmen: 3,2 Prozent vom BIP. Also ebenfalls eine netto Ersparnis.
- Finanzierungssaldo Staat: 0,6 Prozent vom BIP – die berühmte „schwarze Null“.
Wäre Deutschland eine geschlossene Volkswirtschaft, befänden wir uns in einer schweren Krise. Es würde massiv Nachfrage - immerhin im Volumen von 8,6 Prozent des BIP - fehlen, weil wir alle sparen.
Doch von Krise ist keine Spur! Das verdanken wir dem Ausland, wohin wir unsere überschüssigen Ersparnisse von 8,6 Prozent vom BIP exportiert haben. Dies bedeutet aber zugleich, dass das Ausland im
Volumen von 8,6 Prozent des deutschen BIP mehr Waren aus Deutschland gekauft als nach Deutschland exportiert hat. Der Titel des Exportweltmeisters gilt folglich für Waren und für Ersparnisse
gleichermaßen.
Deutschland legt das Geld dumm an
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Bis hierhin könnte man noch sagen, dass die Handelsüberschüsse ja nicht schlecht sind. Schließlich bauen wir Forderungen gegen das Ausland auf, die wir in den kommenden Jahrzehnten, wenn bei uns die Folgen der Alterung voll durchschlagen, entsprechend einlösen können, um die Kosten zu tragen. Dies würde allerdings voraussetzen, dass wir das Geld – ähnlich den Ländern mit Staatsfonds wie Norwegen – global diversifiziert und renditestark anlegen. Dies tun wir aber nicht. Unsere Banken und Versicherungen haben in den vergangenen Jahrzehnten unsere Ersparnisse lieber in US-Subprime und griechische Staatsanleihen investiert. Alleine in der Finanzkrise, schätzt das DIW, haben wir 400 bis 600 Milliarden Euro verloren – also fast den Überschuss von zwei Jahren! Die Summe der Handelsüberschüsse der letzten Jahre liegt deutlich über dem Zuwachs des Auslandsvermögens. Wie die Eichhörnchen sammeln wir fleißig und finden nicht alles wieder.