Wie viel Aufschwung steckt in den soliden ifo Daten? - Seite 2
Auch ist unverkennbar, dass die Weltwirtschaft insgesamt lediglich verhalten wächst. Neben einer US-Wirtschaft, die trotz beispiellos freizügiger Geldpolitik schwach zulegt, sind auch die für die deutsche Exportwirtschaft bedeutenden Schwellenländer vergleichsweise wachstumsschwach. Offiziell wächst China zwar mit 6,7 Prozent. Inoffiziell, aber realistisch betrachtet, ist das Wachstum eher zwischen drei und vier anzusiedeln. Nicht zuletzt birgt der Brexit unabschätzbare Risiken für die europäische (Export-)Wirtschaft. In der Konsequenz hat das weltweite Handelsvolumen seinen Gipfel überschritten. Der Welthandel stagniert seit zwei Jahren.
Insgesamt ist das prognostizierte Wirtschaftswachstum in Deutschland stabil. Glänzen wird es aber nicht.
Handelsabkommen mit Kanada nur mit Hängen und Würgen möglich
Wachstumsimpulse bleiben insbesondere in Europa aus. Die wettbewerbsschwachen Standortfaktoren werden nicht angegangen, um die Wähler in der Eurozone vor dem Mega-Wahljahr 2017 bloß nicht mit Reformschmerzen noch mehr in den Euro-Skeptizismus zu treiben.
Schon der Abschluss eines im Vergleich zum EU-US-Handelsabkommen TTIP „unverdächtigen“ Handelsabkommens zwischen der EU und Kanada – Ceta genannt – stellt beschränkt denkende Provinzpolitiker offenbar vor zu hohe Anforderungen an ihre Wirtschaftskompetenz. Und dabei hängt kaum ein europäisches Land so vom Welthandel ab wie Belgien. 70 Prozent der Wirtschaftsleistung des Landes kommen vom Außenhandel. Handelsabkommen zu blockieren entspricht dem Sägen am Ast, auf dem man sitzt.
Natürlich sind sieben Jahre im Verborgenen stattgefundene Verhandlungen über den Abbau von Zöllen und die Angleichung von Standards keine Lehrstunde für Transparenz. Doch dafür sind Auseinandersetzungen bei internationalen Abkommen auch nicht da. Ceta scheint losgelöst von seiner eigentlichen Bedeutung – nachdem das Handelsabkommen TTIP mit den USA vorläufig gescheitert und als Feindbild abhandengekommen ist – zum verschwörungstheoretischen Ersatzschauplatz geworden zu sein. Auch hier zeigt sich die Eurosklerose.
Es ist erfreulich, dass man sich nun doch in Belgien nach langem Hauen und Stechen auf die Zustimmung zu Ceta einigen konnte. EU-Politiker sollten sich vor Augen führen, dass Kanada mit Blick auf Sozial-, Umwelt- und Verbraucherstandards ähnliche Werte wie die EU vertritt. Ceta ist also nicht TTIP. Im Übrigen ist sich auch Kanada in Handelsfragen nicht wirklich grün mit dem großen südlichen Nachbarn. Das Ahorn-Land will mit Ceta einen Handelsstandard setzen, der auch den USA die handelspolitische Richtung vorgibt. Insofern ist Kanada ein Verbündeter der EU. Zur Erinnerung: Hat man TTIP nicht insbesondere wegen für Europäer inakzeptable juristische, soziale und Umweltstandards die kalte Schulter gezeigt? Jetzt hat man mit Ceta vollendete Tatsache geschaffen, bei denen es den USA deutlich schwerer fallen wird, ihre für europäische Mägen unverdaulichen Handelsregeln aufzudrücken.