Politik und Gesellschaft
"Nehmt den Rechten die Themen weg, setzt eigene!"
Der Sozialpsychologe Harald Welzer fordert die etablierten Parteien auf: „Nehmt den Rechten die Themen weg, setzt eigene!“, schreibt Welzer in einem Gastbeitrag für die Wochenzeitung „Die Zeit“: Und ergänzt: „Und sagt ruhig mal, dass diese Gesellschaft zwar nicht perfekt, aber verdammt gut ist. Sagt, was ihr daran verteidigen wollt.“
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Auch die Bürger sollten nun Einsatz zeigen, sie hätten „bis zur Bundestagswahl fast ein ganzes Jahr Zeit, für die Demokratie und die offene Gesellschaft einzutreten“. Die Menschen sollten zu Demos,
Flashmobs, Debatten, Tafeln, Musikfestivals zusammenkommen, um „sich zu vergewissern, dass sie nicht allein sind mit ihrer Überzeugung, dass diese Gesellschaft es wert ist, verteidigt zu
werden.“
Nach der Wahl Donald Trumps, sei wieder „die paternalistische Differenzierungs-, Verstehens- und Analysemaschine“ angeworfen worden, die „nicht Teil der Lösung, sondern des Problems“ sei. Die
Demokratie und die offene Gesellschaft würden, so Welzer weiter, „nicht mit der notwendigen Haltung vertreten und verteidigt“. Das Zerfließen in Selbstvorwürfen und die Absicht nun noch genauer
„auf die Ängste, Besorgnisse und Wutanfälle der ‚kleinen Leute’“ zu hören, stelle keine Lösung dar.
Gegenwärtig sei nichts gefährlicher für die offene Gesellschaft als der Verlust von Glaubwürdigkeit der real existierenden Politik, „denn das ist es ja, was die Populisten in ihre Politik der Angst
und der Wut übersetzen“, so Welzer in der „Zeit“. Die zentrale Frage laute nicht, was den „kleinen Mann“ umtreibe, sondern „wer denn für die Zerstörung seiner Aufstiegsperspektiven, für die
gnadenlose Wettbewerbskultur verantwortlich ist, die eben nicht nur in den USA zum Abhängen der sogenannten kleinen Leute geführt hat“.