Börsen-Zeitung
Scheitern 5.0, Kommentar zur geplanten Börsenfusion von Claus Döring - Seite 2
Fusionsversuche - dreimal London, einmal Euronext, einmal Nyse. Mit
dem Schlagwort "Börse 4.0" hat Kengeter zumindest den Eindruck
erweckt, als sähe er für sich und die Deutsche Börse auch bei
geplatztem Deal noch genügend Entwicklungspotenzial.
Dass die LSE, die nicht ohne Grund nun ihre Stärke auf
Stand-alone-Basis betont, in der weltweiten Konsolidierung schon bald
das nächste Übernahmeziel der großen amerikanischen Börsenbetreiber
sein könnte, pfeifen die Spatzen nicht nur in London von den Dächern.
Schließlich waren LSE und Deutsche Börse vor einem Jahr einem Gebot
der amerikanischen ICE für London nur knapp zuvorgekommen. Die
Entwicklungsperspektiven der LSE sind mit dem Brexit eingeschränkt,
und wie man jetzt sieht, auch die politischen Handlungsmöglichkeiten.
Offensichtlich sah die LSE-Führung keine Chance, in der Sitzfrage die
von Frankfurt erwarteten Zugeständnisse machen zu können, nicht
einmal für einen Doppelsitz der rechtlichen Holding. Nun wird man in
London lernen müssen, dass auch "Kronjuwelen" wie die LSE kein Wert
an sich sind, sondern von der Wertschätzung Dritter abhängen. Eine
solche Wertschätzung, wie sie im Fusionsvertrag zwischen Deutscher
Börse und LSE zum Ausdruck kam und kommt, wird man in London nach dem
Brexit nicht mehr finden. LSE-Chef Xavier Rolet wird sich für seine
Aktionäre, die dem Fusionsplan mit 99 Prozent zugestimmt hatten, eine
bessere Begründung einfallen lassen müssen als Amore-Rufe Richtung
Italien wie in der Mitteilung vom Sonntagabend.
In Wiesbaden werden die Sektkorken geknallt haben - unabhängig vom
Rosenmontag. Denn die Rolle des Spielverderbers im Börsenmonopoly
bleibt der hessischen Börsenaufsicht und dem Wirtschaftsministerium
des Landes nach Lage der Dinge erspart, da vorher die Bedingungen der
EU-Kommission nicht erfüllt werden. Insofern hat Wirtschaftsminister
Tarek Al-Wazir alles richtig gemacht, als er sich als Aufseher zur
Sache selbst mit Hinweis auf die noch ausstehenden Prüfungen bedeckt
hielt, die politische Problematik eines Holdingsitzes in London nach
der Brexit-Entscheidung aber von Mitgliedern der Landesregierung und
anderen Institutionen klar kommuniziert wurde.
Es wird Carsten Kengeter, der als designierter CEO der
europäischen Superbörse am meisten zu verlieren hat, nicht trösten,
ihm aber vielleicht als Börse-Vorstandsvorsitzenden den Rücken
stärken: Im Konsolidierungskampf der großen Börsenbetreiber ist die
Deutsche Börse nicht in der Opferrolle. Eine feindliche Übernahme ist
dank der Wiesbadener Aufsicht de facto nicht möglich. Und eine
freundliche Übernahme oder Fusion nur zu Bedingungen, die sowohl dem
Börsenbetreiber Deutsche Börse als auch dem Finanzplatz nutzen. Der
größte Börsenbetreiber Europas kann ohne Hektik und Existenznot
darauf setzen, dass nach dem Scheitern 5.0 eine Chance 6.0 kommt.
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bleibt der hessischen Börsenaufsicht und dem Wirtschaftsministerium
des Landes nach Lage der Dinge erspart, da vorher die Bedingungen der
EU-Kommission nicht erfüllt werden. Insofern hat Wirtschaftsminister
Tarek Al-Wazir alles richtig gemacht, als er sich als Aufseher zur
Sache selbst mit Hinweis auf die noch ausstehenden Prüfungen bedeckt
hielt, die politische Problematik eines Holdingsitzes in London nach
der Brexit-Entscheidung aber von Mitgliedern der Landesregierung und
anderen Institutionen klar kommuniziert wurde.
Es wird Carsten Kengeter, der als designierter CEO der
europäischen Superbörse am meisten zu verlieren hat, nicht trösten,
ihm aber vielleicht als Börse-Vorstandsvorsitzenden den Rücken
stärken: Im Konsolidierungskampf der großen Börsenbetreiber ist die
Deutsche Börse nicht in der Opferrolle. Eine feindliche Übernahme ist
dank der Wiesbadener Aufsicht de facto nicht möglich. Und eine
freundliche Übernahme oder Fusion nur zu Bedingungen, die sowohl dem
Börsenbetreiber Deutsche Börse als auch dem Finanzplatz nutzen. Der
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