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    China  22403  3 Kommentare Auf der neuen Seidenstraße zur Weltwirtschaftsmacht

    China plant eine neue Seidenstraße zu bauen. Für das riesige Infrastrukturprojekt sind rund eine Billion US-Dollar eingeplant. Viele europäische Länder sehen das chinesische Engagement indes kritisch als Teil chinesischer Hegemonialbestrebungen. Trotzdem bietet es auch vielen europäischen Unternehmen Chancen.

    Die Seidenstraße-Initiative, auch bekannt als "One Belt and One Road Initiative" oder kurz "Belt and Road“-Initiative (BRI), ist ein von der Volksrepublik China geplantes globales Infrastruktur- und Entwicklungsprojekt historischen Ausmaßes. Mit dem Begriff "Road" ist dabei eine Art maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts gemeint, die das Reich der Mitte auf dem Seeweg mit Süd- und Südostasien, Afrika und Europa verbindet. "Belt" steht hingegen für Chinas Anbindung an den Großkontinent Eurasien über den Landweg.

    Das Investitionsvolumen der neuen Seidenstraße ist gigantisch: Je nach Quelle werden zwischen 900 Milliarden und 1,4 Billionen US-Dollar genannt. Die Non-Profit-Organisation Istituto Affari Internazionali (IAI) veröffentlichte einen Bericht in dem es heißt, dass China davon bereits rund 300 Milliarden US-Dollar für Handelsfinanzierung und Infrastrukturkredite ausgegeben hat. Die Finanzierung der meisten BRI-Projekte erfolgt dabei durch chinesische Staatsbanken, wie der China Exim Bank und der China Development Bank. Zudem sind auch normale chinesische Geschäftsbanken sowie mehr als 20 neu gegründete Fonds, wie der staatliche Silk Road Fund, daran beteiligt.

    Laut einem kürzlich erschienen Artikel der Le Monde diplomatique können bisher über 1.000 Infrastrukturprojekte der neuen Seidenstraße zugerechnet werden, von denen bisher die meisten in China oder seinen Nachbarstaaten liegen. Dabei entstehen neue Häfen, Containerterminals, Pipelines, Strom- und Telekommunikationsnetze, Straßen sowie insbesondere Schienenwege, denn Güterzüge sind neben Schiffen das zentrale Transportmittel der neuen Seidenstraße. Einen Überblick über die geplanten und bereits fertiggestellten BRI-Projekte gibt eine Grafik des Mercator Institute for China Studies: Quelle: merics.org

    Insgesamt wird die neue Seidenstraße sich über eine Großregion erstrecken, in der 70 Prozent der globalen Bevölkerung leben, auf der 75 Prozent der globalen Energieressourcen liegen und die zu 55 Prozent zum globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) beiträgt. Entsprechend kritisch wird die Seidenstraße-Initiative von vielen europäischen Industrienationen und den USA gesehen, die Chinas Pläne als Teil seiner Empire-Building-Strategie sehen. So sei die neue Seidenstraße primär durch Chinas Wirtschaftsinteressen geprägt: Sie soll als Ventil für chinesische Überproduktionen in der Stahl- und Zementindustrie dienen und chinesischen Unternehmen Zugang zu neuen Märkten ermöglichen. Außerdem würde China durch die Vergabe von Entwicklungskrediten Empfängerländer in finanzielle Abhängigkeit bringen und im Gegenzug politische Unterstützung fordern.

    Aber auch südasiatische Länder, wie die Indische Union, stehen der Seidenstraße-Initiative kritisch gegenüber. Denn viele der BRI-Projekte werden in Indiens Nachbarländern (Pakistan, Nepal, Sri Lanka und Bangladesch) durchgeführt, wodurch sich Indien eingekreist und in seiner Souveränität bedroht sieht.

    In der EU wird zudem häufig kritisiert, dass die BRI-Projekte nicht nachhaltig und transparent seien. Es wird bemängelt, dass übliche Standards der internationalen Kooperation nicht eingehalten werden. Für einen fairen Wettbewerb sei zudem hinderlich, dass es keine öffentlichen Ausschreibungen gebe und chinesische Unternehmen bevorzugt würden. Trotzdem will und kann sich die EU nicht von der Seidenstraßen-Initiative distanzieren. Dafür sind die wirtschaftlichen Chancen für europäische Unternehmen an lukrativen Großprojekten beteiligt zu werden zu groß.

    Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft könnte das gigantische chinesische Infrastrukturprojekt im Erfolgsfall zu einer Transformation der europäischen Güterverkehrsströme führen. Denn bisher erfolgte der Handel mit China primär über den Seeweg, was recht viel Zeit in Anspruch nimmt. Durch einen Landweg per Schiene von China nach Europa könnte es zu einer deutlichen Verkürzung kommen. Bereits jetzt gibt es eine Güterzugroute vom chinesischen Harbin nach Hamburg. Für die rund 10.000 Kilometer lange Strecke brauchen Züge lediglich 15 Tage.

    Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Chinas Seidenstraße-Initiative ein großes Wachstumspotenzial für China bietet. Gleichzeitig gehen chinesische Staatsbanken ein hohes Risiko ein, dass ihre Kredite von Entwicklungsländern nicht zurückgezahlt werden. Die EU sollte insbesondere auf fairen Wettbewerb und die Einhaltung europäischer Standards pochen. Dann kann die neue Seidenstraße zu mindestens für China und die EU zu einer Win-win-Situation führen.

    Für Interessierte lohnt sich die folgende Dokumentation:
    ARTE | Mit offenen Karten - "China: Eine neue Seidenstraße?"

    Quellen:
    IAI: "Is Europe to Benefit from China’s Belt and RoadInitiative?"
    Le Monde diplomatique: "Die Neue Seidenstraße"
    Der Spiegel: "Wie China mit 900 Milliarden Dollar die Welt erobern will"
    merics.org





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    Verfasst vonFerdinand Hammer
    China Auf der neuen Seidenstraße zur Weltwirtschaftsmacht China plant eine neue Seidenstraße zu bauen. Für das riesige Infrastrukturprojekt sind rund eine Billion US-Dollar eingeplant. Viele europäische Länder sehen das chinesische Engagement indes kritisch als Teil chinesischer Hegemonialbestrebungen. Trotzdem bietet es auch vielen europäischen Unternehmen Chancen.