Aktien Frankfurt
Dax auf Talfahrt wegen Zinsangst und Geopolitik
FRANKFURT (dpa-AFX) - Am deutschen Aktienmarkt greifen am Mittwoch erneut die Zinsangst und geopolitische Sorgen um sich. Der Dax bekam seine Quittung dafür, dass er es in den vergangenen Tagen nicht nachhaltig über die Marke von 12 600 Punkten schaffte. Er weitete sein frühes Minus bis zur Mittagszeit auf 1,61 Prozent und 12 349,28 Punkte aus. Am Vorabend hatten die US-Börsen schon ähnlich deutlich nachgegeben.
Experten zufolge bleiben anziehende Renditen bei US-Staatsanleihen für Aktien der größte Belastungsfaktor, weil dies Festverzinsliche attraktiver macht. Laut Marktanalyst Milan Cutkovic vom Broker Axitrader bringt dies "die Angst vor steigenden Zinsen zurück", die Anleger in den vergangenen Monaten schon mehrfach in die Flucht getrieben hatte. Die Rendite zehnjähriger US-Anleihen hat erstmals seit vier Jahren wieder die Drei-Prozent-Marke erreicht. Als Grund dafür gelten steigende Rohstoffpreise und folglich höhere Inflationserwartungen.
Als weiterer Grund für die negative Stimmung gelten auch die zuletzt etwas verstummten geopolitischen Bedenken der Anleger. Aussagen von US-Präsident Donald Trump, der bei seinem Treffen mit dem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron seinen harten Kurs gegenüber dem Iran unterstrich, riefen unter Anlegern Sorgen um das bisherige Atomabkommen mit Teheran hervor. "Trump zeigt wenig Interesse daran, dass der Deal bestehen bleibt", sagte Cutkovic.
Charttechniker sehen nun die Perspektiven für den Deutschen Aktienmarkt negativer. Am Vortag war es dem Dax erneut nicht gelungen, die Marke von 12 600 Punkten nachhaltig zu überwinden. Einmal mehr war der Leitindex an der vielbeachteten 200-Tage-Durchschnittslinie gescheitert. Glaubt man Christian Schmidt von der Helaba, nimmt der Abgabedruck zu.
Während der Eurozonen-Index EuroStoxx dem Dax mit etwas weniger großen Abgaben von etwa 1 Prozent folgte, waren die Verluste in der zweiten deutschen Börsenreihe noch etwas größer: Der Index der mittelgroßen Werte MDax büßte 1,88 Prozent auf 25 518,19 Punkte ein. Das Technologiewerte-Barometer TecDax sackte sogar um 2,21 Prozent auf 2568,70 Punkte ab.
Auf Unternehmensseite sorgte vor allem Osram negativ für Schlagzeilen. Zum Leid der Anleger kürzte der Lichtkonzern wegen schwacher Geschäfte und des niedrigen US-Dollar seine Erwartungen an das laufende Geschäftsjahr. Experten wie Peter Reilly vom Analysehaus Jefferies zeigten sich davon überrascht. Die Aktien brachen um mehr als 11 Prozent ein und erreichten ihren tiefsten Stand seit Januar 2017.
Dem negativen Marktumfeld konnten sich in der Dax-Indexfamilie nur wenige Unternehmen entziehen. Kurz vor der Fusion mit dem US-Wettbewerber Praxair gehörte der Industriegasekonzern Linde mit einem Anstieg um fast 1 Prozent zu den Lichtblicken. Der starke Euro drückte zu Jahresbeginn zwar auf den Umsatz, operativ legte das Ergebnis aber zu. Analyst Chetan Udeshi von JPMorgan lobte deshalb die Margenentwicklung.
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Weitere Zahlenvorlagen sorgten bei ihren Aktien für größere und teils nicht eindeutige Schwankungen. Im TecDax halfen auf den ersten Blick gute Zahlen bei Siltronic nur zum Auftakt, dann begaben sie sich auf Talfahrt und büßten zuletzt sogar mehr als 9 Prozent ein. Für die erfolgsverwöhnten Aktionäre waren die bestätigten Jahresziele des Chipindustrie-Zulieferers nicht genug.
Auch die Papiere von Telefonica Deutschland sackten nach solidem Start zuletzt deutlich mit 2,4 Prozent ins Minus ab. Beim Mobilfunker war zuerst die Rede von einem soliden ersten Quartal. Die Investmentbank Equinet wertete aber die Abwanderung von Vertragskunden und geringere Durchschnittsumsätze als negative Nachricht.
Kasse machen nach gutem Lauf war im SDax angesagt bei Klöckner & Co mit einem Kursrutsch um mehr als 7 Prozent. Etwas höhere Zielsetzungen für das laufende Jahr wurden bei dem Stahlhändler als nicht gut genug gewertet. Analyst Christian Obst von der Baader Bank riet bei der Aktie mit Blick auf das zweite Halbjahr zur Vorsicht. Stahlaktien standen am Mittwoch allgemein stark unter Druck: Im MDax rutschten Salzgitter um 4,5 Prozent ab./tih/jha/