10 Jahre Finanzkrise
Wie naiv darf ein Vorstand der Deutschen Bank sein?
In einem Interview gibt sich Deutsche Bank-Vorstandsmitglied Sylvie Matherat (seit 2015 für Regulierungsthemen zuständig) 100% politisch korrekt und staatsgläubig - und zeigt dabei eine erschreckende Naivität. Hier ihre vier Thesen:
1. Finanzkrise kann sich nicht wiederholen
Zehn Jahre nach der Lehman-Pleite ist die Finanzwelt nach Einschätzung von Deutsche-Bank-Vorstandsmitglied Sylvie Matherat deutlich stabiler. Sie glaube nicht, dass sich ein solcher Fall noch
einmal wiederholen werde, sagte Matherat im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur und der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. "Wir haben seitdem viel dafür getan, solche Ansteckungseffekte zu
stoppen und das Finanzsystem insgesamt zu stärken." Das ist das gleiche substanzlose Beruhigungsgerede, das man von ahnungslosen Politikern hört. Nein, die Gefährdung ist sogar größer als vor zehn
Jahren, weil die Verschuldung von Unternehmen, Staaten und privaten Haushalten weltweit sehr viel höher ist als vor Beginn der Finanzkrise. Eine Krise, die ihre Ursachen in exzessiver Verschuldung
hatte, wurde durch noch größere Verschuldung nur scheinbar gelöst. Und bei einem erneuten Aufflackern der Krise wäre diesmal das Staatspulver längst verschossen.
2. Wir müssen alle ganz langfristig denken
Matherats Vorschlag: "Wir sollten diskutieren, ob die Konzentration auf Quartalsergebnisse möglicherweise zu kurzfristigem Denken verleitet. Wir sollten langfristiger denken und von der
kurzfristigen Sicht wegkommen." Langfristig denken ist immer gut, wer wollte etwas dagegen einwenden? Aber wenn man an der Börse ist, wird man nun einmal laufend bewertet, das ist das Wesen der
Börse. Und der wichtigste Bereich der Deutschen Bank, das Investmentbanking, lebt genau davon. Dass das der Deutschen Bank, wenn es um sie selbst geht, nicht gefällt, kann man indes verstehen. Die
Vorstände der Deutschen Bank verkünden seit Jahren nach jedem weiteren Kurseinbruch gebetsmühlenartig, ihre Anleger sollten bitte endlich mal "langfristig denken", womit gemeint ist: Sie sollten
Hoffnungen haben, dass es irgendwann wieder besser wird mit dem Kurs. Die Französin Matherat fiel schon vor zwei Jahren durch kluge Sprüche wie diese auf: Mit dem Wandel der Bank sei das wie mit
einer Diät. In der ersten Zeit schaue man in den Spiegel und halte sich immer noch für zu dick - auch wenn man bereits ein paar Kilo abgenommen habe. "Erst mit der Zeit fällt auf, wie viel man doch
schon erreicht hat." Keynes meinte bekanntlich einmal: "Auf lange Sicht sind wir alle tot". Würden die Investoren langfristig denken, ist es zweifelhaft, ob das der Deutschen Bank irgendetwas
nützen würde: In den letzten zehn Jahren betrug der Kursverlust der Deutschen Bank-Aktie über 78 Prozent.