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     918  0 Kommentare Brasilien – Zwischen Hoffen und Bangen - Seite 2

    WM_2014Zudem stellte sich in den Jahren nach der WM heraus, dass die zahlreich erbauten und renovierten Stadien, sowie die dafür ausgebaute Infrastruktur, eine wachsende Belastung für die Staatskasse darstellte. Da dem Staat darüber hinaus die Steuerannahmen ausgingen, wälzte die Regierung um Präsident Temer im Jahr 2017 die finanziellen Probleme auf die Bevölkerung ab und strich zahllose Sozialausgaben. Als Folge dieser Entwicklung kippte die Stimmung innerhalb der Gesellschaft endgültig und mündete besonders in den Armenvierteln oftmals in gewaltsamen Ausschreitungen.

    Ein Ex-Militär übernimmt – und die Börsen feiern

    Als letzte Konsequenz des wirtschaftlichen – und politischen – Niedergangs, schaffte es der Rechtspopulist und Ex-Militär Jair Bolsonaro im vergangenen Jahr mit einem autoritären Auftreten und einer Anti-Establishment Kampagne die Präsidentschaftswahl zu gewinnen. Während viele politische Beobachter die noch junge Demokratie vor einer Zerreißprobe sehen, war die Reaktion an den Märkten mehr als positiv. Der brasilianische Bovespa-Index überschritt Anfang des Jahres zum ersten Mal die Marke von 90.000 und konnte in den ersten vier Wochen nach Amtsantritt des neuen Präsidenten noch einmal kräftig zulegen.

    Grund für den neuen Optimismus an der Börse sind vor allem die wirtschaftsliberalen Reformpläne – zum Beispiel die Privatisierung des größten brasilianischen Versorgers Centrais-Electricas Brasileiras. Auch der Real wertete nach der Amtsübernahme Bolsonaros gegenüber dem US-Dollar um 2 Prozent auf, bewegt sich seit knapp 4 Wochen allerdings auf konstantem Niveau. Eine weitere Aufwertung liegt auch sicherlich nicht im Interesses der stark exportabhängigen brasilianischen Wirtschaft.

    Börse_Bull_symbolAuch wenn die Finanzmärkte Bolsonaro reichlich Vorschusslorbeeren gewährt haben, ist eine gesunde Skepsis sicherlich angebracht. Fraglich bleibt beispielsweise, ob und wie sich die Reformpläne der neuen Regierung umsetzen lassen. Zwar hat sich Boslonaro mit Paulo Guedes einen neoliberaler Wirtschaftsminister und Anhänger der „Chicago-Boys“ an Bord geholt, ansonsten setzt der neue Präsident aber voll und ganz auf das Militär: gleich sieben Ex-Militärs sitzen im 22-köpfigen Kabinett. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Privatisierung und den Verkauf von strategisch wichtigen Wirtschaftszweigen an ausländische Investoren unterstützen.

    Außerdem bleibt ein dickes Fragezeichen hinter Bolsonaro selbst. Zu offensiv erscheint sein Flirt mit der vergangenen Militärdiktatur, zu groß seine Abneigung gegen demokratische Aushandlungsprozesse und Bürgerrechte. Inwieweit seine ständigen – noch verbalen – Angriffe auf die Institutionen das Vertrauen von Investoren beeinflusst, bleibt abzuwarten. Zudem bezeichnet sich Bolsonaro selbst nicht als Wirtschaftsexperten und konnte bisher auch noch kein Konzept zur angekündigten Steuer -und Rentenreform vorlegen. Entscheidend hierbei dürfte sein, wer von seinen Beratern und Ministern den größeren Einfluss hat: die „Chicago-Boys“ oder das Militär. Für den Großteil der Bevölkerung dürfte beides nicht unbedingt von Vorteil sein.

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    Daniel Saurenz
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    Der ehemalige FTD-Redakteur und Börse Online-Urgestein Daniel Saurenz hat zusammen mit Benjamin Feingold das Investmentportal „Feingold Research“ gegründet. Dort präsentieren die beiden Börsianer und Journalisten ihre Markteinschätzungen, Perspektiven und Strategien samt Produktempfehlungen. Im strategischen Musterdepot werden die eigenen Ideen mit cleveren und meist etwas „anderen“ Produkten umgesetzt und für alle Leser und aktiven Anleger verständlich erläutert. Weitere Informationen: Feingold Research.
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    Verfasst von Daniel Saurenz
    Brasilien – Zwischen Hoffen und Bangen - Seite 2 Brasilien 2014 – ein Land in Aufruhr. Die Fußballweltmeisterschaft ist zu Gast und versetzt die Menschen in Euphorie. Fünf Jahre später ist davon kaum noch etwas zu spüren. Etliche Spannungsfelder dämpfen die Stimmung, dazu die Wahl des …