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    Schulden, Krise, Arbeitslosigkeit  5387  3 Kommentare Hat sich die EU von Italien hinters Licht führen lassen?

    Im vergangenen Jahr lieferten sich EU-Beamte und die italienische Regierung einen erbitterten Kampf um Italiens Haushaltsziele. Nun droht ein weiteres Kräftemessen. Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, befürchtet, dass Italien für die EU gefährlicher sein könnte, als der Brexit.

    Marcel Fratzscher sagte, dass sich Italien mitten in der dritten Rezession in weniger als zehn Jahren befinde, und ein Ende dieser jüngsten Krise nicht in Sicht sei. Hintergrund: Die italienische Regierung senkte ihre Wachstumsprognose für 2019 auf 0,2 Prozent. Zuvor lag die Erwartung bei 1,0 Prozent. Auf den korrigierten Ausblick und mit Blick in die Zukunft sagte Branchenanalyst Peter Fuß von EY: "Gerade in den südeuropäischen Ländern verliert die Konjunktur an Kraft, Italien rutscht sogar in die Rezession".

    In der vergangenen Woche hatte der Internationale Währungsfonds erklärt, dass für Italien ein Wachstum von 0,1 Prozent und ein Haushaltsdefizit von 2,7 Prozent der Wirtschaftsleistung erwartet werde. Wirtschaftsminister Giovanni Tria geht von einem Nullwachstum aus. Die OECD prognostiziert, dass die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 0,2 Prozent schrumpfen werde.

    "Wegen der eingetrübten Aussichten hob Rom gleichzeitig die Prognose für die erwartete Neuverschuldung wieder an - von 2,04 Prozent auf 2,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Damit ist Italien genau wieder auf das Niveau zurückgekehrt, an dem sich der Streit mit der EU-Kommission entzündete", schreiben "Tagesschau"-Journalisten. Eine erneute Konfrontation mit Brüssel scheint unausweichlich.

    "Der Zielwert für das Defizit war vermutlich von Anfang an von der italienischen Regierung als Provokation gedacht", mutmaßt Martin Lück, Anlagestratege bei BlackRock. Unterdessen fordert EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker von der italienischen Regierung zusätzliche Kraftanstrengungen, um die Wirtschaft aus der Rezession zu führen.

    Ein Rettungsanker könnte von der EZB kommen, denn Mario Draghi hatte im März den italienischen Banken "neue billige Langfristkredite in Aussicht gestellt". Gleichzeitig sagte Draghi: "Es ist ziemlich klar, dass das Augenmerk für Italien darauf liegt, Wachstum und Beschäftigung zu schaffen". Nur bei den Arbeitsplätzen kommt Italien nicht voran: Im Februar 2019 lag die Jugendarbeitslosigkeit bei fast 33 Prozent. Ein großer Richtungswechsel ist bislang nicht in Sicht. 

    Ungemach droht auch für 2020, denn es soll ein Defizit von 2,1 Prozent erreicht werden, was jedoch die erwarteten Einnahmen aus einer Umsatzsteuererhöhung von rund 23 Milliarden Euro mit einbezieht. Ohne die Steuererhöhung würde sich das Defizit auf 3,4 Prozent des BIP ausweiten und somit abermals gegen die Haushaltsregeln der Europäischen Union verstoßen werden. Wirtschaftsminister Giovanni Tria kündigte am Mittwoch an, dass die italienische Regierung Maßnahmen prüfen wird, die es ihr ermöglicht, die Erhöhung der Mehrwertsteuer im nächsten Jahr zu vermeiden, ohne das Haushaltsdefizit zu vergrößern. Unklar ist, woher der Finanzminister die 23 Milliarden Euro nehmen will.

    Tria sagte auch, dass die Staatsverschuldung in diesem Jahr auf 132,6 Prozent des BIP steigen soll - von 132,2 Prozent im Jahr 2018. Damit bleibt Italien auf Platz 2 im EU-Ranking der Länder mit der höchsten Schuldenquote. Gleichzeitig ist Italien mit Verbindlichkeiten von 2,358 Billionen Euro das höchst verschuldete Land der Euro-Zone. Somit bewegt sich Italien weiterhin auf sehr dünnem Eis.   

    Quellen:

    ZDF

    FAZ

    Tagesschau

    Handelsblatt

    Reuters

    Welt





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