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     9883  0 Kommentare "Die Welt vor dem deflationären Schock" - Seite 3

    Fisher sah zwei Wege, die aus der Krise herausführen. Der eine ist die natürliche, langwierige Talfahrt durch Insolvenzen, Arbeitslosigkeit und Verelendung. Der andere Weg – künstlich und schnell – besteht in einer bewussten Inflationierung: die Preise also auf das Durchschnittsniveau „reflationieren“, zu dem die bestehenden Kreditverträge abgeschlossen wurden. Der Wert des beliehenen Eigentums würde wieder steigen, die Überschuldung wäre erledigt und neue Verschuldungskapazität geschaffen.

    Genau dies versuchen Regierungen und Zentralbanken seit zehn Jahren. Mit Konjunkturprogrammen und Null- und Negativzins haben sie die Verschuldungskapazität wiederhergestellt. Vermutlich hätte es dennoch nicht gereicht, wäre China nicht mit einem gigantischen schuldenfinanzierten Konjunkturprogramm eingesprungen. Damit wurde nicht nur die Schuldentragfähigkeit im Westen erhöht, sondern zugleich noch neue Verschuldungskapazität in der Welt mobilisiert.

    Problem vergrößert statt gelöst

    Die Wiederholung der Großen Depression wurde abgewendet. Bis jetzt. Kein Wunder, dass sich die Verantwortlichen selbst loben. Janet Yellen, bis 2017 Chefin der US-Notenbank, meint nicht nur, dass die Krise „überwunden sei“, sie geht sogar so weit zu behaupten, dass es keine neue Krise mehr zu „unseren Lebzeiten“ geben kann. Mark Carney, Chef der britischen Notenbank betont, dass wir heute ein „sicheres, einfacheres und faireres Weltfinanzsystem“ hätten.

    Die Wahrheit ist leider eine andere. Und die Notenbanken tragen daran eine erhebliche Mitschuld. Immer, wenn es an den Finanzmärkten oder in der Wirtschaft zu Turbulenzen kam, haben die Notenbanken der westlichen Welt schnell gehandelt. Zinsen wurden gesenkt und mehr Liquidität in die Märkte gepumpt. Börsencrash von 1987, Russlandkrise, Asienkrise, Dotcom-Blase, Finanzkrise – immer das gleiche Muster. Anschließend wurden die Zinsen allerdings nie wieder auf das vorherige Niveau erhöht. So sanken die Zinsen über die Jahrzehnte immer tiefer. In Europa wurde dies durch die Einführung des Euro noch verstärkt, weil die EZB die Zinsen – aus Rücksicht auf das damals kränkelnde Deutschland – jahrelang zu tief hielt und so erst den Schulden- und Immobilienboom in den heutigen Krisenländern ermöglichte.


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    Daniel Stelter
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    Dr. Daniel Stelter ist Makroökonom und Gründer des Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Von 1990 bis 2013 war Stelter Unternehmensberater bei der Boston Consulting Group (BCG), wo er von 2003 bis 2011 weltweit das Geschäft der BCG Praxisgruppe Corporate Development (Strategie und Corporate Finance) verantwortete.

    Er ist Autor mehrerer Bücher. Sein aktuelles Buch „Das Märchen vom reichen Land - Wie die Politik uns ruiniert“ war auf der SPIEGEL Bestsellerliste. Twitter: @thinkBTO
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    Verfasst von Daniel Stelter
    "Die Welt vor dem deflationären Schock" - Seite 3 Im März vor zehn Jahren erreichte die Finanzkrise ihren Höhepunkt. Der breite amerikanische Aktienindex, S&P 500, der schon in den Monaten davor dramatisch an Wert verloren hatte, fiel am Freitag, dem 6. März 2009 auf den Stand von 666 Punkten. Ein …