USA
Helaba Chefvolkswirtin: Wahrscheinlichkeit einer Trump-Entlassung geht gegen null
In den USA gab es bereits unter den Präsidenten Andrew Johnson und Bill Clinton gescheiterte Amtsenthebungsverfahren. Somit haben die Amerikaner eine gewisse Routine. Bislang gilt Donald Trump und seine Handelspolitik als Treiber für die US-Wirtschaft und US-Aktienmärkte. Die wallstreet:online-Redaktion sprach mit Gertrud R. Traud von der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) über den "Hexenstreich" der Nancy Pelosi. Gibt es Entwarnung für Anleger?
Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin und Helaba Bankdirektorin, ordnet die aktuelle politische Großwetterlage im Weißen Haus exklusiv für die wallstreet:online-Leser so ein: "Die Chance, dass der republikanisch kontrollierte Senat einer Amtsenthebung mit der erforderlichen 2/3 Mehrheit zustimmen würde, geht gegen null." Traud sagt: "Das Impeachment klingt zwar formal nach einem juristischen Vorgang, es ist jedoch ein primär politischer Prozess."
Vieles deutet auf Stimmungs- und Panikmache hin. "Zumal noch gar nicht gesagt ist, dass die demokratische Mehrheit im Repräsentantenhaus tatsächlich ein solches Verfahren in Gang bringen wird. Zunächst wird das ja erst mal nur geprüft", so die Chefvolkswirtin.
Die wahren Gefahren eines Amtsenthebungsverfahrens für die USA liegen laut Traud an anderer Stelle: "Sollte es dazu kommen, würde es für einen längeren Zeitraum erhebliche politische Kapazitäten in Washington binden – was gut oder schlecht sein kann."
Auf die Frage wie ein mögliches Amtsenthebungsfahren die politische Richtung von Donald Trump beinflussen könnte, antwortete die Helaba Chefvolkswirtin: "Bei Donald Trump ist auch unklar, ob ihn ein solches Verfahren bei anderen Fragen wie dem Handelskrieg zurückstecken lassen würde oder er gerade in die Offensive gehen würde, um von seinen innenpolitischen Problemen abzulenken." Ihr Fazit für den Augenblick lautet: "Ob mit oder ohne Impeachment: Der Spielraum für Kooperation zwischen Demokraten und Weißem Haus wird durch diesen Konflikt weiter schrumpfen. Die Wahrscheinlichkeit größerer Gesetzgebungsprojekte vor den Wahlen, sowieso schon niedrig, nimmt weiter ab."
Was könnte an den Märkten passieren? Jetzt raus aus US-Aktien?
Christoph Karl, stellvertretender Chefredakteur der wallstreet:online-Partnerredaktion bei Smart Investor, sagt: "Die Nachricht über ein mögliches Impeachment dürfte den Börsianern alleine schon deshalb nicht geschmeckt haben, da es Unsicherheit mit sich bringt." Auch Karl ist eher skeptisch über den Ausgang. Er meint: "Allerdings wird dies wohlmöglich nicht so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Denn es wäre schon erstaunlich, wenn ein mögliches Impeachment-Verfahren vor der Wahl im nächsten Jahr abgeschlossen würde."
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Trotzdem wäre der Vorgang eines Amtsenthebungsverfahrens nicht ganz unbedeutend für Donald Trump und seine Politik. "Es könnte auch Trumps Wahlkampf belasten", so Karl.
Es ziehen durchaus leicht dunkel gefärbte Wolken über den US-Märkten auf. Karl sagt: "Möglicherweise werden die Börsen daher irgendwann beginnen, einen demokratischen Wahlsieg einzupreisen. Und der könnte für die Märkte einige unangenehme Überraschungen beinhalten. Darunter vor allem ein Zurückdrehen der Unternehmenssteuerreform oder zunehmende Regulierung statt deren Abbau."