Linke Intellektuelle sind begeistert
Corona als Hoffnungsträger im Kampf gegen den Kapitalismus
Weltweit hoffen Antikapitalisten, die Corona-Krise könne endlich das lang ersehnte Ende des Kapitalismus einläuten. Ob in den USA, Großbritannien, Frankreich oder Deutschland: Die Argumentation der antikapitalistischen Intellektuellen ist überall gleich. Sie hatten eigentlich schon gehofft, dass die Finanzkrise von 2008 zu einem Zusammenbruch des Kapitalismus führen werde. Doch damals, so ihr Argument, sei es dem Kapitalismus und dem Neoliberalismus noch einmal gelungen, sich zu retten. Diesmal könne – und solle - es anders sein. Das Coronavirus ist für sie ein Hoffnungsträger im Kampf gegen den Kapitalismus.
„Das Ende des Neoliberalismus“
Ulrike Herrmann, eine bekannte Kapitalismuskritikerin, die mehrere Bücher zur Kritik des Kapitalismus geschrieben hat, preist in einem taz-Artikel die Chancen der Coronakrise. Der Artikel ist überschrieben: „Corona-Dämmerung für den Neoliberalismus. Ende einer Theorie.“
„Die Coronakrise hat auch ihre Vorteile“, so argumentiert Herrmann. Sie dürfte, so ihre Hoffnung, die „neoliberale Ideologie beerdigen“, die die westliche Welt angeblich seit 1980 dominiert habe. „Zwei Spitzenpolitiker brachten einst plastisch auf den Punkt, wie platt Marktradikale denken. Die britische Premierministerin Margaret Thatcher ließ wissen: ‚Es gibt keine Gesellschaft.’ In ihrem Weltbild existierten nur Individuen, die ausschließlich für sich selbst sorgen sollten. Auch US-Präsident Ronald Reagan hinterließ einen Spruch, der das neoliberale Denken treffend zusammenfasst: ‚Die Regierung ist nicht die Lösung unseres Problems, die Regierung ist das Problem.’ Der Staat sollte schrumpfen, auf dass der freie Markt übernimmt. Also wurden die Rentenkassen privatisiert, die Finanzmärkte dereguliert, Staatsvermögen verkauft und die Steuern für die Reichen gesenkt. Auch in Deutschland wurden diese Konzepte kopiert. Die ‚Märkte’ versagen, weil sie nur funktionieren könnten, wenn sich die Zukunft verlässlich berechnen ließe. Aktienkurse preisen die Gewinne von morgen ein.“
Doch die Coronakrise zeige nun, dass es „keine Alternative zur Solidarität“ gebe, „also zum Staat“. Charakteristisch ist, dass für Antikapitalisten die Begriff „Solidarität“ und „Staat“ identisch sind. „Diese Lehre“, so fährt Herrmann fort, „hätte man schon nach der Finanzkrise 2008 ziehen können, doch damals ist es den Neoliberalen noch einmal gelungen, ihre platte Theorie zu retten. In einer atemberaubenden Volte wurde einfach so getan, als hätten sich die Staaten hemmungslos verschuldet – obwohl in Wahrheit die Banken faule Kredite vergeben hatten. Erst als die Institute gerettet werden mussten, landeten diese Schulden dann beim Staat. Doch diese Ursachenkette ging bald verloren, es zählte nur das Ergebnis: Die Verschuldung der Staaten stieg, also musste es sich um eine ‚Staatsschuldenkrise’ handeln. Die neoliberale Mär zog, weil die Finanzkrise kompliziert war. Das ist bei Corona anders. Für alle ist offensichtlich, dass der ‚Markt’ nicht die ökonomischen Folgen eines Virus abwehren kann. Deswegen ruft ja jeder nach dem Staat.“ Soweit die Kapitalismuskritikerin Ulrike Herrmann.
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