Prüfungsbericht nicht gelesen
Wirecard Skandal: Haben die Banken bei der Kreditvergabe geschlampt?
Der Skandal bei Wirecard hat nicht nur viele tausend Aktionäre geschädigt. Auch Banken sind auf den Betrug hereingefallen. Doch offenbar sind einige von ihnen selbst daran schuld.
Die kreditgebenden Banken von Wirecard haben offenbar bei der Vergabe der Darlehen geschlampt. Das berichtet die Börsen-Zeitung. Dort heißt es, die 15 Konsortialbanken, die Wirecard insgesamt 1,76 Mrd. Euro geliehen haben, hätten es versäumt, vor der Vergabe der Darlehen die Prüfungsberichte von EY zu Wirecard einzusehen.
Diese Prüfungsberichte sind zwar nicht öffentlich. Sie stellen eine Ergänzung zum Testat des Wirtschaftsprüfers im Geschäftsbericht dar. Bei der Vergabe großer Kredite ist es allerdings durchaus üblich, dass die Banken Einsicht in den Prüfungsbericht erhalten, um sich abzusichern. Dies ist im Fall Wirecard offenbar nicht passiert. Das Bankenkonsortium bestand unter anderem aus Commerzbank, LBBW, ING, ABN Amro und Deutsche Bank.
Hätten die Banken die Prüfungsberichte gelesen, so wären ihnen spätestens in dem Dokument für das Jahr 2018 einige Warnsignale aufgefallen. Dort benennt EY nämlich mehrere Sachverhalte "die Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften darstellen oder erkennen lassen". Die Rede ist dabei von möglichen Interessenkonflikten bei Unternehmenskäufen, vermeintlichen Scheinbuchungen, dem Bestechungsversuch eines lokalen Prüfers sowie fingierte Umsätze und manipulierte Verträge bis hin zu Buchungen ohne wirtschaftliche Substanz.
Dieser Sachverhalt ist aus zwei Gründen skandalös. Erstens haben die Banken ihre Kredite vergeben, ohne diese Punkte zu berücksichtigen – weil sie es versäumten, sich die nötigen Informationen zu besorgen. Dieses Problem müssen sie selbst ausbaden, indem sie den größten Teil der Darlehen verlieren werden oder diese bereits zu einem Bruchteil des Nennwerts verkauft haben.
Der zweite Teil des Skandals betrifft jedoch auch private Anleger, die mit Wirecard viel Geld verloren haben. Denn Wirtschaftsprüfer EY hat trotz dieser offensichtlichen Warnsignale die 2018er Bilanz von Wirecard uneingeschränkt testiert und ihr damit einen „OK-Stempel“ gegeben. Die entdeckten Probleme tauchen lediglich im Prüfungsbericht auf, der für normale Anleger – anders als für die Konsortialbanken – nicht zugänglich ist.
Während man also zu den Verlusten der Banken getrost sagen kann „selbst schuld“, dürften die Wirecard-Aktionäre mit Recht darauf hinweisen, dass sie kaum eine andere Möglichkeit haben, als einer testierten Bilanz zu trauen. Sie fühlen sich also von EY mit Fug und Recht hinters Licht geführt.
Die Widersprüchlichkeiten in den EY-Prüfungen dürften die Chancen erhöhen, auf Schadensersatz zu klagen. Anleger, die mi t Wirecard-Aktien und Derivaten Geld verloren haben, sollten daher auf jeden Fall prüfen lassen, welches Vorgehen für sie möglich und sinnvoll ist. Die Interessengemeinschaft Widerruf bietet eine solche Prüfung kostenlos und unverbindlich an.
Für die anstehende Schadensersatz-Klage gegen EY (Ernst&Young) können geschädigte Anleger bei uns sogar auf eine Prozessfinanzierung zurückgreifen. Das bedeutet: Sie müssen für die Kosten des Verfahrens nicht in Vorleistung gehen. Stattdessen übernimmt der Prozessfinanzierer das Kostenrisiko. Er erhält im Erfolgsfall dann 20 Prozent des erstrittenen Schadensersatzes. Für Anleger heißt das: Ohne Erfolg – keine Kosten!