Gesetz zur Verlustverrechnung
Steuern zahlen trotz Verlusten? - „Der Staat greift in die Tasche, in der gar nichts ist.“
Der Bundestag entscheidet über ein neues Jahressteuergesetz. Zwischen Pendlerpauschale, Soli-Abschaffung und einer neuen Homeoffice-Pauschale versteckt sich für Kapitalmarktanleger eine böse Überraschung.
Verluste aus Termingeschäften dürfen künftig nur noch bis zu einem Betrag von 20.000 Euro verrechnet werden – und zwar nur mit Gewinnen, die ebenfalls aus Termingeschäften stammen.
Wer am Jahresende mehr als 20.000 Euro Verlust gemacht hat, darf diesen Verlust nur noch ins nächste Jahr übertragen. Anlegerschützer sind gar nicht begeistert angesichts der Neuerungen. „Dieses Gesetz ist extrem anlegerfeindlich“, klagt Michael Kunert, Sprecher der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) im Gespräch mit wallstreet:online. „Man zahlt Steuern auf einen Gewinn, den man gar nicht hat. Das stellt sich aus meiner Sicht die Frage, ob das verfassungskonform ist.“
Schon seit Anfang 2020 gilt, dass beim Totalverlust eines Investments – Wirecard lässt grüßen – die Verluste nur noch begrenzt beim Fiskus geltend gemacht werden können. Immerhin soll die Grenze hier von bislang 10.000 Euro ebenfalls auf 20.000 Euro angehoben werden. Für Aktionärsschützer Kunert dennoch eine Niederlage für die Aktienkultur in Deutschland. „Das ist ein Schlag gegen die Investitionsbereitschaft in kleine, innovative Unternehmen. Man darf sich dann nicht wundern, dass nicht genug privates Kapital mehr in bestimmte Branchen wie Biotech fließt.“
Verwirrung entsteht zusätzlich, weil noch nicht eindeutig klar ist, welche Instrumente von der Neuregelung betroffen sind. Das Finanzministerium will dazu erst im neuen Jahr ein Anwendungsschreiben veröffentlichen. Medienberichten zufolge könnten Zertifikate und Optionsscheine von der Verlustverrechnung ausgenommen werden. Bei Futures und Contracts For Difference (CFDs) könnte die Neuregelung dagegen greifen.
SdK-Sprecher Kunert meint: „Dass Gewinne versteuert werden, ist in Ordnung. Doch man muss Verluste in voller Höhe gegenrechnen dürfen. Sonst greift der Staat in die Tasche, in der gar nichts ist. Es ist leider ein ideologisch bedingter Schnellschuss, genau wie die Aktiensteuer. Man trifft damit die Falschen und macht den Kapitalmarkt kaputt.“
Die letzte Hoffnung, um den Anleger-Schreck Verlustverrechnung noch zu kippen, könnte nun der Bundesrat sein. In einer Stellungnahme der Länderkammer vom Oktober heißt es: „Die administrative Umsetzung dieser Vorschriften ist verfassungsrechtlich bedenklich und stellt die Finanzverwaltung vor nahezu unlösbare Aufgaben.“
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Autor: Julian Schick, wallstreet:online Zentralredaktion