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    Buchtipp  2113  0 Kommentare Eine Geschichte des Kapitalismus - Seite 3

    Von wenigen Ausnahmen, so betont auch Plumpe, war seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts der Hunger zumindest in Nordwesteuropa überwunden. Seit dieser Zeit vervielfachten sich die Erntemengen, und auch ihr Wert nahm deutlich zu (S. 227). In der Verbilligung und Verbreiterung der Ernährung lag eines der Geheimnisse der raschen wirtschaftlichen Entwicklung jener Zeit. „Die Daten sind ganz eindeutig. Selbst im relativ armen Deutschland, von Großbritannien, Frankreich, den Niederlanden und den USA ganz zu schweigen, ging es auch den unteren sozialen Schichten am Ende des Jahrhunderts deutlich besser als in dessen erster Hälfte.“ (S.230)

    Entstammt der Kapitalismus dem Kolonialismus?

    Eine andere bei Antikapitalisten heute beliebte These lautet, der Kapitalismus habe seine Wurzel vor allem im Kolonialismus. Gegen diese These spricht, dass der Kapitalismus gerade auch in solchen Ländern erfolgreich war, die bezogen auf die koloniale Expansion am wenigsten aktiv waren. Nordamerika bzw. die USA waren anfangs selbst das Objekt kolonialer Ausbeutung, eigene koloniale Aktivitäten blieben bezogen auf die wirtschaftliche Entwicklung des Landes marginal. Und auch wenn heute viel von Deutschlands kolonialer Vergangenheit die Rede ist, so spricht gegen die Betonung des Kolonialismus als Wurzel des Kapitalismus, dass Deutschlands koloniale Unternehmungen seit den 1880er Jahren wirtschaftlich von nachrangiger Bedeutung waren. Die Entwicklung in den USA und im Deutschen Reich zeichnete sich dadurch aus, dass bislang kolonial bezogene Rohstoffe, zumindest dort, wo es technisch möglich war, durch eigene Produkte ersetzt wurden, wodurch sich die beiden Volkswirtschaften „in gewisser Hinsicht von den kolonialen Bezugsquellen emanzipierten“. Die zunächst führenden Nationen, Großbritannien, die Niederlande und Frankreich, die auch das Herz der Plantagenwirtschaft Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts gewesen waren, fielen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sogar relativ zurück (S. 171).

    Gegen die These, Kapitalismus beruhe in seinen Ursprüngen auf Sklaverei, spricht die Tatsache, dass die Kolonialmächte daran interessiert waren, freie Arbeitsmärkte zu ermöglichen und die herkömmlichen Formen zumeist unfreier Arbeitsnutzung zu überwinden – „nicht unbedingt aus Menschenfreundlichkeit, sondern vor allem aus Efffizienzerwägungen“, eine Beobachtung, die auch durch die umfänglichen Bemühungen einzelner Kolonialmächte bestätigt wird, in den Kolonialgebieten generell kapitalistische Verfahrensweisen zu begünstigen (S. 249).


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
    Buchtipp Eine Geschichte des Kapitalismus - Seite 3 Werner Plumpe, Das kalte Herz. Kapitalismus: Die Geschichte einer andauernden Revolution, Rowohlt Verlag Berlin 2019, 800 Seiten.

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