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    Buchtipp  2113  0 Kommentare Eine Geschichte des Kapitalismus - Seite 4

    Monopolkapitalismus?

    Ein anderes Argument, das häufig gegen den Kapitalismus vorgebracht wird, lautet so: Die freie Konkurrenz zerstöre sich selbst, und am Ende dieses Prozesses der Konzentration und Zentralisation des Kapitals stünden einige wenige Monopole, die die Wirtschaft beherrschten. Lenin hat diese These bekanntlich in seiner 1917 erschienenen Schrift „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“ dargestellt, in der es heißt: „Diese Verwandlung der Konkurrenz in das Monopol ist eine der wichtigsten Erscheinungen – wenn nicht die wichtigste – in der Ökonomik des modernen Kapitalismus.“

    Plumpe zeigt, dass hier Tendenzen in bestimmten, besonders kapitalintensiven Bereichen wie etwa der Schwerindustrie verallgemeinert und auf die Zukunft hochgerechnet wurden (S. 233). Von den großen Unternehmen, die zur Jahrhundertwende und in der Zwischenkriegszeit dominierten und die Referenz für solche Prognosen von der Dominanz der Monopole abgaben, ist heute kaum eines übrig geblieben. Und selbst jene Unternehmen, die es namensgleich noch heute gibt, haben mit ihren Ahnen nicht mehr viel gemein. „Der Gedanke der Monopolbildung hat sich im Rahmen der zunehmenden Globalisierung verloren, weltwirtschaftlich betrachtet, gibt es kaum große Unternehmen, und selbst die, die zeitweilig bedeutend sind, können nicht davon ausgehen, dass sie eine sichere Zukunft haben.“ (S.S. 626). Diese gelt selbst für Riesen wie Amazon, Facebook und Google, die uns heute so allmächtig und unverwundbar erscheinen wie die einstmaligen großen Monopole, über die Lenin schrieb. Ich möchte ergänzen, dass ich es schon immer eigenartig fand, dass genau jene Kritiker, denen als ideale Wirtschaft die Staatswirtschaft gilt, also ein Monopol, das keinerlei Art von Konkurrenz duldet bzw. ermöglicht, als schärfste Kritiker großer Monopole auftreten, sofern diese nicht in den Händen des Staates, sondern von privaten Eigentümern sind.

    Die Krisen des Kapitalismus

    Seit den Zeiten von Marx und Lenin wird vorhergesagt, der Kapitalismus befinde sich bald in seinem letzten Stadium, und sein Untergang werde durch eine gigantische Krise herbeigeführt werden. Ende der 1920er Jahre schienen sich diese Prophezeiungen zu erfüllen. Die Weltwirtschaftskrise erschien als Beleg für diese Untergangsszenarien, der Kapitalismus hatte damals kaum noch Verteidiger. Er wurde von Kommunisten, aber auch von Nationalsozialisten, angegriffen und als überholtes, dem Untergang geweihtes System dargestellt. „Die Weltwirtschaftskrise markierte im 20. Jahrhundert nicht unbedingt den Tiefpunkt der kapitalistischen Art des Wirtschaftens, aber den absoluten Tiefpunkt ihres Ansehens, das ja bereits durch die vielen Probleme der Jahre zuvor schwer beschädigt war.“ (S. 353).


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Seite 4 von 6
    Verfasst von Rainer Zitelmann
    Buchtipp Eine Geschichte des Kapitalismus - Seite 4 Werner Plumpe, Das kalte Herz. Kapitalismus: Die Geschichte einer andauernden Revolution, Rowohlt Verlag Berlin 2019, 800 Seiten.

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