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     3143  0 Kommentare Das Ende des Carry-Trades

    Felix Zulauf sieht große Risiken für den Aktienmarkt in den nächsten Monaten. So hat er es auf der Internationalen Kapitalanleger-Tagung des ZfU in Zürich in der letzten Woche vorgetragen. Neben der gegenwärtig allgemeinen Geringschätzung jeglichen Risikos (ersichtlich an den niedrigen Optionsprämien und den niedrigen Zins-Spreads), sieht er in der Hauptsache das folgende Argument:

    Durch die Politik der niedrigen Zinsen hat es in den USA einen enormen Carry-Trade gegeben. So war es sehr profitabel, ja fast sogar ein gänzlich risikoloses Geschäft, sich kurzfristiges Geld zu extrem niedrigen Zinsen bei der Notenbank zu borgen – und dies in den Finanzmärkten anzulegen. Selbst eine geringe Rendite der Aktien genügte hier, einen sehr guten Gewinn einzufahren. Von den Bondmärkten gar nicht zu sprechen. Doch je weiter die Notenbank nun ihre Kurzfristzinsen herauf setzt, umso geringer wird die Spanne, die durchaus sogar bald negativ werden könnte. Hierzu reichen strenggenommen bereits negative Zinserwartungen am kurzen Ende aus.

    Und was dann passieren könnte, wäre das Spiegelbild der Entwicklung der letzten Jahre – und zwar sowohl am Aktien- als auch am Bondmarkt: Dort wo vorher aufgrund des enorm lukrativen Carry-Trades ein Kaufdruck bestanden hat, wandelt sich dieser plötzlich in einen Verkaufsdruck. Für den Dollar könnte das hingegen einiges Positives bewirken, da sicherlich große Teile des bei der Notenbank geborgten Geldes in andere Währungen transferiert worden ist – und nun repatriiert werden muss.

    Ich halte diese Argumentation für durchaus stichhaltig. Große Sorge flößt sie mir indes nicht ein. Denn wer jetzt – so wie ich – langlaufende US-Treasuries kauft, erzielt eine Nominal-Rendite, die deutlich über derjenigen im Euro Raum liegt. Und wenn die These von der Rückführung des Carry-Trades stimmt, dann stehen den möglichen Kursverlusten in den Bonds Gewinne auf der Währungsseite entgegen. Und da derzeit alle Welt im Dollar short zu sein scheint und ich zudem glaube, dass die US-Wirtschaft eher schlechter als besser laufen wird, sollte das sogar eine ganz gute Chance ergeben.

    berndniquet@t-online.de


    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
    Das Ende des Carry-Trades Felix Zulauf sieht große Risiken für den Aktienmarkt in den nächsten Monaten. So hat er es auf der Internationalen Kapitalanleger-Tagung des ZfU in Zürich in der letzten Woche vorgetragen. Neben der gegenwärtig allgemeinen Geringschätzung …