Wie auf den Goldseiten
Aus der Geschichte lernen
Es gab einmal eine Zeit, da war Bimetallismus eine Sünde. (Bimetallismus ist es, wenn die Währung eines Landes nicht nur durch Gold, sondern auch durch Silber gedeckt ist.) Da war Bimetallismus eine Sünde, so wie heute bei den Vertretern der reinen Lehre Papiergeld, Homoerotik und Staatsverschuldung eine Sünde sind.
Man denkt immer, das Fanatische von Orthodoxen wäre etwas Neues und das gebe es nur in der Kirche, in der Moschee und auf den Goldseiten. Doch am Wochenende stoße ich in der Biografie von George Bernard Shaw auf eine wunderbare Szene, die über hundert Jahre zurück liegt, jedoch genauso gut aus der Internetzeit stammen könnte.
Da berichtet Shaw von einer Vereinigung, „die aus vier Mitgliedern bestand: aus mir, dem Sekretär, dem Kassenwart und einem Herrn, der auf das finanztechnische Thema des Bimetallismus versessen war.“ Man versuchte stets, Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens zu einem Vortrag einzuladen, doch scheiterte damit immer. Doch dann gelang es, Samuel Butler einzuladen, der einen Vortrag darüber halten wollte, dass die Odyssee in Wahrheit von einer Frau verfasst worden sei.
Shaw schreibt: „Ich war sicher, dass er sich nicht im Geringsten klar war, in was er sich da eingelassen hatte. Sein Publikum würde im Höchstfall aus sechs Personen bestehen, von denen eine ihn so gut wie sicher in eine Diskussion über den Bimetallismus verwickeln würde.“ (An dieser Stelle könnte ich mich bereits wegwerfen vor Lachen.)
Anschließend berichtet Shaw, wie man während des Vortrags sowie in der Pause den Kritiker des Bimetallismus erfolgreich von Meinungsäußerungen abhält. Hinterher war dieser sogar so angetan von dem Vortrag, schreibt Shaw, „dass er nach einem weiteren missglückten Versuch das Währungsproblem vergaß und sich mein Exemplar der Odyssee borgte und es mir später mit einer Anzahl von Randbemerkungen über den Bimetallismus zurückgab.“
Die Odyssee mit Randbemerkungen über den Bimetallismus. Besser lässt sich der Dogmatismus auch in tausend Jahren nicht illustrieren.