checkAd

     3619  0 Kommentare Bullischer Überschlag - Seite 2



    Sollten sich die schwachen Arbeitsmarkt-Daten von Challenger und ADP für August im offiziellen Bericht niederschlagen, dürfte das auch die Erwartungen hinsichtlich des nächsten Zinsschritts der Fed beeinflussen. Denkt man linear, so müsste das den Bären Zunder geben. Da eine schwächere Konjunktur (angezeigt durch einen schwachen Arbeitsmarkt) aber die Wahrscheinlichkeit eines zumindest kleinen Zinsschnitts erhöht, kann sich aber auch schnell freudige Erregung bei den Aktienbullen breit machen. „Kann“ – muss nicht, insbesondere dann nicht, wenn die tatsächlichen Daten erheblich von den erwarteten abweichen.

    Allerdings ist das Umfeld nicht dazu angetan, durch Zinssenkungen langfristige Bullenphantasie zu beflügeln. Anders als am Beginn der Aktien-Hausse im Jahre 2003 befindet sich der laufende Konjunkturzyklus jetzt in seiner Endphase. Da können Zinssenkungen wohl den Gradienten, mit dem er abflacht, etwas mildern, aber das Rad nicht zurückdrehen. Insofern beinhaltet in einer solchen Phase jede Leitzinssenkung eben auch die Botschaft, dass das Wirtschaftswachstum nachlässt. In diesem Zusammenhang war es gestern schön zu sehen, wie die europäischen Aktien auf die EZB-Entscheidung reagiert haben – sie starteten nicht durch, sondern suchten erst einmal tieferen Grund auf.

    Nach wie vor zeigen die von mir betrachteten Indikatoren auf, wie extrem angespannt die Bullen seit Mitte August „gearbeitet“ haben, um die Karre aus dem Dreck zu ziehen. Die Akkumulationsbewegung ist stark überreizt, die Auswertung des VIX zeigt „ungesunden“ Optimismus an. Die Positionierung in Index-Optionen ist mittlerweile neutralisiert, von bärischen Schieflagen können keine wesentlichen Aufwärts-Impulse für Aktien mehr ausgehen. Das Verhältnis zwischen der Zahl steigender und der fallender Aktien notiert weiterhin an einem rekordverdächtigen Extrem, sein kurzfristiger Verlauf lässt aber Schwäche erkennen. Auch der die Marktbreite messende TRIN zeigt in seiner bullischen Ausrichtung erste Ermüdungserscheinungen.

    Mancherlei erinnert an die Situation zwischen Ende März und Mitte April diesen Jahres, als die Aktienmärkte die damalige Korrektur der Korrektur ebenfalls volatil verdauen mussten. Jede Konsolidierung macht durch Tempoverlust anfällig für schlechte Nachrichten. Und die Wahrscheinlichkeit schlechter Nachrichten ist aktuell sehr viel höher als damals. Dass gleichzeitig die Bullen viel Pulver verschossen haben, um überhaupt dahin zu kommen, wo sie jetzt stehen, macht die Sache nicht leichter.
    Seite 2 von 3




    Klaus Singer
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen
    Das Buch von Robert Rethfeld und Klaus Singer: Weltsichten - Weitsichten. Ein Ausblick in die Zukunft der Weltwirtschaft.
    Mehr anzeigen
    Verfasst von Klaus Singer
    Bullischer Überschlag - Seite 2 Die Bullenherde ist losgetrabt und versucht, auch im schlechten Börsenmonat September Haltung zu bewahren. So ganz einfach ist das nicht, aber man bemüht sich. Dumm nur, dass die Kreditkrise, die einmal eine Immobilienkrise war, nicht so schnell …