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     3179  0 Kommentare Alles so lächerlich



    Mindestens 25 Millionen am Tag

    Es ist immer wieder putzig, was die Zeitungen so schreiben. Ein Tippfehler, 16 Milliarden anstatt Millionen. Was die so für Vorstellungen haben? Gar keine gottverdammten Vorstellungen haben die. Goldman Sachs hat im letzten Quartal an keinem Tag weniger als 25 Millionen Dollar verdient. Na, die haben doch auch eine ganze Menge Arbeitsplätze geschaffen.

    Am meisten lohnt es sich jedoch, gegen die Demokratie in Europa zu spekulieren. Da machen wir jeden Tag mehr als eine Milliarde! Und wenn man sich daraufhin einmal in anderen Bereichen tummelt, dann passiert eben manchmal so etwas. Richtig scheiße, da ist mir doch kurzfristig ganz schön die Muffe gegangen. Also meine Frau war das oder so. Aber nicht Milliarden statt Millionen, sondern Billionen anstelle Milliarden. Ist aber letztlich auch egal, überblickt doch sowieso keiner.

    Und dann haben wir tatsächlich einmal ein Land besucht, das wir gerade ausverkaufen. Ich habe allerdings nur die Autobahntoilette gesehen. 50 kostete es dort. Cents, was sind Cents?, habe ich gefragt und 50 Euro gegeben. Ist doch alles nur Spielgeld, auch die Restaurantpreise. Kein blödes Gericht über 100 Euro, das ist doch zum Lachen. Nicht einmal doppelt so teurer wie das Pinkeln.

    Dabei fürchten sich die Leute überall eine Inflation. Bei so lächerlichen Preisen ist das wirklich urkomisch. Kostet doch alles nicht mehr als das Trinkgeld für die Toilettendame. Selbst wenn sich die Preise verzehnfachen, sind sie doch noch niedrig. Man sollte sich langsam angewöhnen, die Preisentwicklung immer nur noch im Vergleich zur Vermögensexplosion zu sehen. Und so lange die Staatschulden steigen, werden doch alle reich.

    Ich verstehe auch das ganze Gejammere nicht. Die Leute sollen nicht jammern, sondern mitmachen, sage ich immer. Und: Nehmen Sie sich doch nur an mir ein Beispiel. Jahrelang habe ich die Finanzkrise erfolgreich verdrängt, doch jetzt merke ich, das muss man gar nicht. Man muss sich einfach hereinwerfen, voll mitmachen, sich ausleben und austoben. In Wirklichkeit ist so eine Finanzkrise doch auch nichts anderes als ein Swimmingpool oder so. Da tobt das pralle Leben und da wird man dann eben mal nass. Trocknet doch aber alles wieder in der gottverdammten Sonne.

    Bernd Niquet
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    DER NEUNTE BAND VON "JENSEITS DES GELDES" IST ERSCHIENEN: Bernd Niquet, Jenseits des Geldes, 9. Teil, Leipzig 2023, 648 Seiten, 23,50 Euro

    Leseprobe: "Jenseits des Geldes".

    Eigentlich war ich vollkommen sicher, dass jetzt die Zeit dieser ganzen Auseinandersetzungen hinter mir lag. Deswegen hatte ich auch extra meine Mietrechtschutzversicherung gekündigt. Dann habe ich aber doch einmal in die Betriebskostenabrechnung hineingeschaut und musste unwillkürlich rechnen. 29.220 Euro im Jahr 2018 für die Reinigung der Treppen und Flure, das sind 93 Euro pro Haus pro Woche. Ich würde das jeweils in zehn Minuten schaffen, doch selbst wenn die ungelernte Hilfskraft zwanzig Minuten braucht, sind das 279 Euro Stundenlohn, den die Leiharbeitsfirma dafür einfährt. Wer dabei nicht an Sizilien denkt, kann eigentlich nicht mehr voll bei Verstand sein.

    Bernd Niquet ist Jahrgang 1956 und wohnt immer noch am letzten grünen Zipfel der Failed Stadt Berlin. Die ersten acht Teile von „Jenseits des Geldes“ sind ebenfalls im Engelsdorfer Verlag erschienen, und zwar in den Jahren 2011, 2012, 2013 sowie 2018, 2019, 2020, 2021 und 2022.

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    Verfasst von Bernd Niquet
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