IPO/ROUNDUP
Telefonica will mit O2-Börsengang Milliarden Euro einnehmen
MÜNCHEN (dpa-AFX) - Nun ist es offiziell: Der hochverschuldete spanische Telekomkonzern Telefonica bringt seine profitable deutsche Tochter noch im Oktober an die Börse. Bis zu 1,68 Milliarden Euro sollen somit in die Kassen fließen, teilte Europas größte Telefongesellschaft am Dienstag mit. Angesichts des Schuldenberges von 58 Milliarden Euro scheint das nicht viel.
Doch der anvisierte Börsengang soll in erster Linie ein Signal an Ratingagenturen sein, dass Telefonica das Abrutschen der Bewertung in den Ramsch-Status verhindern will. Das ist wichtig, weil das Unternehmen in den kommenden zwei Jahren nach Einschätzung von Analysten knapp 15 Milliarden Euro refinanzieren muss.
Die Aktie soll zwischen 5,25 und 6,50 Euro kosten. Einschließlich der Mehrzuteilungsoption wollen die Spanier 23,17 Prozent der Anteile verkaufen, mit dem Rest aber Mehrheitsaktionär bleiben. Bisher gehört Telefonica Deutschland, bekannt durch die Marke O2, vollständig dem spanischen Mutterkonzern. Die Offerte läuft vom 17. bis zum 29. Oktober. Ein Tag später, am 30. Oktober ist die Erstnotierung an der Frankfurter Börse geplant.
TELEFONICA LOCKT MIT HOHER DIVIDENDE
Um die Aktie den Anlegern schmackhaft zu machen, verspricht Telefonica eine Dividende von 500 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2012 und stellt höhere Ausschüttungen für die Zukunft in Aussicht. Zum Vergleich: Im ersten Halbjahr verdiente Telefonica Deutschland unter dem Strich 55 Millionen Euro.
Dem Vernehmen nach haben die Spanier vor wenigen Wochen Barreserven von der deutschen Tochter abgezogen. 4,3 Milliarden Euro sollen nach Madrid zurückgeflossen sein. Davon sollen 1,3 Milliarden Euro aus Barreserven, 1,25 Milliarden Euro aus einem konzerninternen Darlehen, 1,05 Milliarden Euro aus dem Barmittelzufluss und die letzten 700 Millionen Euro aus dem Erlös veräußerter Vermögenswerte stammen. Zudem habe die Zentrale die Zusage für eine Geldspritze an das Deutschlandgeschäft in Höhe von 2,9 Milliarden Euro zurückgezogen, hieß es. Die Nettoverschuldung der deutschen Tochter wird dem Bericht zufolge zum Jahresende bei 1,2 Milliarden Euro liegen. Das entspricht dem jährlichen operativen Gewinn vor Abschreibungen. Sicher ist, dass Telefonica Deutschland selbst Geld brauchen wird, um das Netz auszubauen und auf den neuen Mobilfunkstandard LTE auszurichten.
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Mit dem Börsengang reagiert der Mutterkonzern auf eine Notlage. Ihm bricht im Heimatgeschäft der Gewinn ein. Selbst in Lateinamerika, wo Telefonica eigentlich viel Geld verdient, steht das Geschäft wegen des harten Wettbewerbs unter Druck. Nun versilbern die Spanier einen Teil der besten Vermögenswerte.
Telefonica Deutschland ist profitabel und wächst. Dank des Zustroms neuer Vertragskunden und des boomenden Geschäfts mit mobilem Internet gewann O2 im zweiten Quartal 190.000 neue Vertragskunden. Das starke Geschäft mit dem Herunterladen von Daten trieb den Umsatz um knapp sieben Prozent auf 1,3 Milliarden Euro. Der Kunden- und Umsatzanstieg schlug direkt auf des Ergebnis durch. Der operative Gewinn wuchs um zwölf Prozent auf 333 Millionen Euro.
BÖRSENGANG AUS MANGEL AN ALTERNATIVEN
Ein Börsengang der Deutschlandsparte war zwar eine favorisierte, aber nicht die einzige Option der Spanier. Zwischenzeitlich hatten sie dem Vernehmen nach mit der niederländischen KPN über den Zusammenschluss mit deren Tochter E-Plus, der Nummer drei in Deutschland, verhandelt. Das Projekt wurde aber abgebrochen. Obgleich es keine offiziellen Erklärungen gab, scheint die Logik für das Scheitern offenkundig. KPN und Telefonica suchten einen Käufer für die ganze Sparte oder Teile davon. Telefonica braucht Bargeld, und KPN wollte als Giftpille gegen den Übernahmeversuch der mexikanischen America Movil das deutsche Juwel losschlagen. Zwei Verkäufer, kein Käufer. Daher geht Telefonica nun direkt zu den Investoren./fn/jha/fbr