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    "Neue" griechische Reformliste  4151  3 Kommentare Erst ablehnen, dann selbst vorschlagen - Fällt Tsipras seinem eigenen Volk in den Rücken?

    Alexis Tsipras hat geliefert. Am Donnerstagabend legte der griechische Ministerpräsident den Geldgebern eine neue 13-seitige Liste mit Reformvorschlägen vor. Diese gilt als Entscheidungsgrundlage, ob Griechenland neue Hilfskredite bekommt oder nicht.

    Beobachter reiben sich beim Anblick der Liste verwundert die Augen: Hat Tsipras die Dokumente verwechselt? Immerhin entspricht das, was Athen nun an Brüssel geschickt hat, in vielen Punkten haargenau jenem Vorschlag, den die Griechen noch am Wochenende mit 60 Prozent abgelehnt hatten. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch: Nein, es ist nicht die gleiche Liste – es ist teilweise eine noch viel härtere!

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    Spiegel Online“ fasst die wichtigsten Reformvorschläge zusammen:

    Steuern:

    Die Richtung der Steueränderungen zeigt ganz klar nach oben. So will Athen die Mehrwertsteuer für Restaurant auf 23 Prozent anheben. Darüber hinaus sollen die ermäßigten Mehrwertsteuersätze für Inseln abgeschafft werden. Lediglich „die abgelegensten Inseln“ sollen weiterhin in den Genuss der Steuererleichterungen kommen.

    Das entspricht im Wesentlichen den Forderungen der Gläubiger. Diese hatten allerdings auch eine Anhebung der Mehrwertsteuer für Hotels auf 23 Prozent gefordert. Athen will den Steuersatz aber bei 13 Prozent belassen. Anheben will sie dagegen die Unternehmenssteuer und zwar von 26 auf 28 Prozent. Außerdem soll eine Steuer auf TV-Werbung sowie eine Luxussteuer für größere Jachten in Höhe von 13 Prozent eingeführt werden.

    Renten:

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    Der Streit zwischen Griechenland und den Geldgebern eskalierte nicht zuletzt wegen deren Forderung nach Rentenkürzungen, die die griechische Regierung bislang strikt ablehnte (Lesen Sie hierzu: Die griechische Renten-Lüge - So steht es wirklich um Griechenlands Rentner). Nun lenkt Tsipras offenbar ein. Die Anreize für die Frührente sollen deutlich reduziert werden und das Renteneintrittsalter bis 2022 auf 67 Jahre angehoben werden. Wer mindestens 40 Jahre eingezahlt hat, soll aber schon mit 62 Jahren in Rente gehen können. Darüber hinaus will die Regierung die Solidaritätszulage "Ekas" für niedrige Renten bis Ende 2019 streichen. Zudem müssen Rentner 6 statt 4 Prozent in die Gesundheitskassen einzahlen.

    Privatisierung:

    Athen bereitet sich offenbar auf einen großangelegten Räumungsverkauf vor. Die Häfen in Piräus und Thessaloniki, der Telekommunikationskonzern OTE, die Bahngesellschaft Trainrose, die Autobahngesellschaft Egnatia sowie diverse Regionalflughäfen sollen privatisiert werden.

    Militärausgaben:

    Bislang sperrte sich Athen vehement gegen eine umfassende Kürzung des Militäretats. Nun kommt Tsipras den Gläubigern auf halbem Wege entgegen. Diese forderten Einsparungen in Höhe von 400 Millionen Euro, Athen bot zuletzt 200 Millionen. Dieses Angebot erhöhte die Regierung jetzt auf 300 Millionen Euro. Um diesen Betrag will sie die Verteidigungsausgaben für 2015 und 2016 kürzen.

    Korruption und Steuerflucht:

    Immer wieder wird der Regierung vorgeworfen, Steuersünder gewähren zu lassen und nicht entschieden genug gegen Korruption vorzugehen (siehe hier). Aber statt klarer Maßnahmen liefert Athen auch dieses Mal nur Lippenbekenntnisse. Man verpflichte sich, entschlossener gegen Korruption vorzugehen und für mehr Transparenz zu sorgen, heißt es. Auch Steuersünder sollen ebenso gezielter verfolgt werden wie Benzinschmuggel. Wie genau sie das machen will, erklärt die Regierung aber nicht.

    Soweit die wichtigsten Reformvorschläge. Im Gegenzug zu den Zugeständnissen an die Geldgeber fordert Tsipras ein neues Hilfsprogramm in Höhe von 53,5 Milliarden Euro. Bereits am Mittwoch hatte Athen beim europäischen Rettungsfonds ESM ein entsprechendes drittes Hilfspaket mit drei Jahren Laufzeit beantragt. Zudem packt die Regierung erneut ein heißes Eisen an. Nach einem Begleitschreiben will Athen auch eine Regelung zum Umgang mit seinen Schulden. Schuldenschnitte lehnt unter anderem die Bundesregierung bisher jedoch strikt ab (wallstreet:online berichtete). Darüber hinaus hofft Tsipras auf ein zusätzliches Wachstumspaket von 35 Milliarden Euro.

    Hat sich Tsipras gehörig verzockt?

    Ob die neuen Vorschläge den Geldgebern genügen werden, bleibt abzuwarten. Brüsseler Diplomaten betonen, mittlerweile seien zusätzliche Anstrengungen nötig, da sich die Lage des Krisenlandes wegen geschlossener Banken und Kapitalverkehrskontrollen dramatisch verschlechtert habe.

    Man kommt nicht umhin sich zu fragen: Hat Tsipras sich gehörig verzockt? Erst bricht er die Verhandlungen ab, weil er die Forderungen der Gläubiger als zu hart empfindet. Dann lässt er das griechische Volk in einem Referendum über eben diese Forderungen abstimmen und erhält ein klares Votum: 60 Prozent der Griechen sagen Nein! Dieses Abstimmungsergebnis, von Tsipras als Sieg der Demokratie gefeiert, sollte dem Ministerpräsidenten helfen, bessere Konditionen auszuhandeln. Doch dann legt Tsipras Vorschläge vor, die im Kern genau dem entsprechen, was er und auch die griechische Bevölkerung nur wenige Tage zuvor abgelehnt hatte. Schlimmer noch: Die Geldgeber halten die früheren Forderungen inzwischen nicht mehr für ausreichend, weil sich die Lage in Griechenland seither massiv verschlechtert hat. Hat Tsipras mit seinem Versuch, einen besseren Deal für sein Land auszuhandeln, also genau das Gegenteil erreicht? Und: Wer besiegelt am Ende Griechenlands Schicksal? Lesen Sie hier.

    Finanzmärkte feiern Athener Vorstoß

    An den Börsen kommt die neue Reformliste richtig gut an. Die Hoffnung, die eingereichten Vorschläge könnten endlich den Weg zu einer Einigung ebnen, treiben am Freitag die Märkte. Sowohl der DAX als auch der Euro-Stoxx 50 liegen deutlich im Plus.

    Der deutsche Leitindex im 5-Tage-Chart



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