checkAd

     1389  0 Kommentare Ist die EZB am Ende ihrer geldpolitischen Möglichkeiten? - Seite 3


    Die EZB wird extraordinär

    Vor diesem Hintergrund ist es für die EZB wirkungslos, den Leitzins noch weiter zu senken. Ginge die EZB unter null würden sich für Banken die Ertrags- und für Sparer die Anlageprobleme noch vergrößern.
    Genauso wenig Sinn macht es, noch mehr Anleiheaufkaufprogramme aufzulegen. Die Wirksamkeit der bisherigen Programme ist verpufft, bevor es konjunkturell überhaupt „Peng“ gemacht hat. Wer in Europa bis jetzt keinen Kredit zu den aktuellen Schlaraffenland-Konditionen haben will, will es auch nicht bei 0,2 Prozentpunkten Kreditzins weniger. Dazu fehlt den europäischen Wirtschaftsstandorten einfach der reform- und investitionsfreundliche Nährboden, die blühenden Landschaften. Man kommt ja auch nicht auf die Idee, Wassermelonen in der Wüste anzubauen. Im Übrigen, Kapital schwache Banken denken zu allerletzt an neue Kredite, die sie mit neuem Eigenkapital unterlegen müssen.
    Bezogen auf die normalen Werkzeuge hat die EZB also - Neu-Deutsch formuliert - „geloost“. Daher rücken jetzt immer mehr neue Instrumente in den Mittelpunkt. Ein bisschen Konjunkturbelebung tut nicht zuletzt dem sozialen Wohlbefinden gut und wirkt so dem Abgleiten der Wähler in extreme Lager entgegen.

    Helikopter-Geld als ultima ratio

    Grundsätzlich muss die Geldpolitik ihre realwirtschaftliche Handlungsfähigkeit unter Beweis stellen. Sie muss die Deflation beenden, ansonsten gilt sie in der Einschätzung der Finanzmärkte irgendwann als lahme Ente. Welche Pfeile hat die EZB also noch im Köcher, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln? Wenn alle, wirklich alle Stricke reißen, wird man zwar an „Helikopter-Geld“ denken, bei der sprichwörtlich Säcke an Geld-Gutscheinen vor den Haustüren der Konsumenten mit der Bedingung abgeworfen werden, dieses zügig in einem bestimmten Zeitraum auszugeben, da sie ansonsten verfallen. Diesen Gefallen würde sicherlich jeder der EZB tun.
    Doch verursachten diese Maßnahme Abhängigkeiten wie bei Drogensüchtigen. Die volkswirtschaftlichen Akteure würden sich daran gewöhnen und bei jedem konjunkturellen Problem  den nächsten Geldabwurf vom Helikopter erwarten. Dieses „Freibier für alle“ würde dem Müßiggang und der Zerstörung des Leistungsprinzips Tür und Tor öffnen, die man nicht mehr schließen könnte. Überhaupt, wenn eine Notenbank, die gemäß ihrem Auftrag, den Wert von Geld schützen soll, dieses einfach so verschenkt, ist nicht zu erwarten, dass Geld seinen Wert behält. An seine Stelle könnten irgendwann Gold und Realtausch treten und dann hat Geld erst recht als Währung ausgedient.

    New Deal - Die EZB wird zum direkten Staatsfinanzierer

    Die EZB wird eine andere, aber ebenso ungewöhnliche Strategie verfolgen. Sie wird zum direkten big spender der Euro-Staaten und ihrer konjunkturfördernden Wirtschaftspolitik. Infrastruktur- und Bildungsmaßnahmen, Steuersenkungspakete und Haushaltslöcher werden von der EZB ohne Umweg über aufmerksame Finanzmärkte, auf direktem Weg, fast unmerklich finanziert. Man kann jetzt mit Recht einwenden, dass diese Maßnahmen völlig außerhalb des Mandats der EZB sind. Doch zeigte Europa bislang wenig Skrupel bei Regelverletzungen. Warum sollte man also die Regel der Regelverletzung brechen? Ich bin mir sicher, was die Politiker der so begünstigten Staaten hinter vorgehaltener Hand denken: Der konjunkturelle Zweck heiligt alle geldpolitischen Mittel.  
    Die EZB ist am Ende ihrer konventionellen Möglichkeiten, aber erst am Anfang ihrer unkonventionellen Mittel. Sie glauben das nicht. Stimmt, niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten!
    Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: http://www.bondboard.de/main/pages/index/p/128

    Seite 3 von 3




    Robert Halver
    0 Follower
    Autor folgen
    Mehr anzeigen

    Robert Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie Fachpublikationen und als Kolumnist einem breiten Anlegerpublikum bekannt. Seine Markenzeichen, die unterhaltsame, bildhafte Sprache, kommen bei keinem seiner Auftritte zu kurz.

    Lesen Sie das Buch von Robert Halver*
    *Werbelink

     

    Mehr anzeigen
    Verfasst von Robert Halver
    Ist die EZB am Ende ihrer geldpolitischen Möglichkeiten? - Seite 3 Die Bruderschaft der internationalen Notenbanken hat seit der Immobilienkrise 2008 und in Europa nach der Finanzkrise ab 2010 alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Finanzwelt vor dem Ruin zu retten. Auch die EZB hat mittlerweile den Leitzins …