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     1432  0 Kommentare Die Gretchenfrage an die Geldpolitik: Wie hältst Du es mit der Inflation? - Seite 3



    Was ist heute geldpolitisch noch normal?


    Dann könnten sich die Notenbanken zwar stolz auf die Brust klopfen, weil sie das Deflationsgespenst verjagt haben. Doch die Medaille hat eine Kehrseite. Nehmen die Notenbanken ihren Job ernst - die EZB hat zumindest auf dem Papier die Verpflichtung Inflation vorbeugend zu bekämpfen - müssten sie normalerweise zins- und liquiditätsseitige Schubumkehr betreiben.

    Aber was ist heutzutage noch normal und vor allem wie viel geldpolitische Normalität kann man den Finanzmärkten noch zumuten? Ehrlich gesagt, nicht viel. Abseits von politischen motivierten Jubelkommentaren ist Europas Wirtschaft keine blühende Landschaft. Auf eine stagnierende, wenn auch inflationierende Konjunktur hätten daher notenbankseitige Restriktionen eine ähnliche Wirkung wie trockengelegte Tümpel auf Frösche.
     
    Heutzutage werden frische Staatsschulden dringend gebraucht, um den Euro-Volkswirtschaften künstlich auf die Sprünge zu helfen. Es geht ja auch darum, staatliche Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäuser und Sozialleistungen aufrechtzuerhalten. Niemand will soziale Unruhen riskieren. Und damit sich die Staaten dabei nicht das finanzielle Genick brechen, sorgt das eurozonale Wohlfahrtsamt - nennen wir es EZB - dafür, dass diese finanziert werden. Nur durch niedrige Leitzinsen und kreditzinsendrückende Anleiheaufkäufe ist die überbordende Staatsverschuldung überhaupt noch zu stemmen.  

    Ohne die helfende Hand der Geldpolitik lässt man das Monster aus dem Finanz-Käfig


    Bei tatsächlich offiziell höherer Inflation und einer reflexartigen Gegenreaktion der Notenbanken ist die schöne heile Schuldenwelt schnell beendet. Würde Mario Draghi als der bisherige Schutzpatron von Staatspapieren zukünftig Markt- statt Planwirtschaft zulassen, die dafür sorgt, dass die höheren Preissteigerungsraten zum Ausgleich auf die Anleiherenditen geschlagen werden, ist für die Mehrzahl der Finanzminister Staats(neu)verschuldung nicht mehr bezahlbar. Zur gepflegten Kenntnisnahme: Italien zahlt heute im Durchschnitt für seine Staatsschulden weniger als 0,4 Prozent Zinsen. Vor der Euro-Familienrettung durch seine geldpolitische Heiligkeit Mario waren es über sechs Prozent. Noch Fragen?
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    Robert Halver
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    Robert Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie Fachpublikationen und als Kolumnist einem breiten Anlegerpublikum bekannt. Seine Markenzeichen, die unterhaltsame, bildhafte Sprache, kommen bei keinem seiner Auftritte zu kurz.

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    Verfasst von Robert Halver
    Die Gretchenfrage an die Geldpolitik: Wie hältst Du es mit der Inflation? - Seite 3 Es ist zur Gewohnheit geworden, Inflation als harmlos gering einzustufen. Bei den Verbrauchern haben die schwachen Ölpreise durch günstige Tank- und Heizpreise psychologisch ganze Arbeit geleistet. Aktuell beträgt die deutsche Preissteigerung …