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    Interview im EUROPEAN*  3307  0 Kommentare Warum verteidigen Sie immer die Reichen, Herr Zitelmann? - Seite 2

    Es gibt jede Menge Ankläger der Reichen. Die Reichen selbst verteidigen sich nicht, und wenn, dann sehr defensiv und ungekonnt, oftmals mit schwachen und untauglichen Argumenten. Da können Reiche von anderen Minderheiten noch eine Menge lernen. Und unter den Sozial- und Geisteswissenschaftlern gibt es überwiegend solche, die Reichtum als Problem sehen. Vergangenes Jahr erschien beispielsweise das Buch des Dortmunder Philosophen Christian Neuhäuser „Reichtum als moralisches Problem“. Er will Reichtum verbieten. Das FAZ-Feuilleton lobte: "Neuhäuser greift mit seinem Buch ein wichtiges Thema auf und verortet es kenntnisreich in der weiteren philosophischen Debatte. Die These, dass ein ökonomisches Auseinanderdriften einer Gesellschaft auch dann ein Problem ist, wenn niemand in existentieller Weise arm ist, überzeugt." Der bekannte Soziologe und Elitenforscher Michael Hartmann ist Marxist und hält auf Einladung der Linkspartei Vorträge, die sich extrem kritisch mit Reichen befassen. Wenn es so viele Ankläger unter den Sozial- und Geisteswissenschaftlern, unter den Journalisten und unter den Politikern gibt, wäre es dann nicht sogar geradezu notwendig und legitim, dass auch mal einer kommt, der eine Gegenposition einnimmt? Selbst einem Mörder gesteht man doch einen Verteidiger zu, weil ein Prozess ohne Verteidiger eben ein Schauprozess ist. Es ist sogar so, dass bei schwerwiegenden Anklagepunkten ein Verteidiger nach der Strafprozessordnung ausdrücklich vorgeschrieben ist, was nicht nur dem Schutz des Angeklagten dient, sondern auch dem Erkenntnisgewinn: denn nur dann ist gewährleistet, dass alle Fakten, und zwar sowohl belastende wie auch entlastende, wirklich vorgetragen werden. Wenn das sogar für Mörder gilt, aber – das schwingt in Ihrer Frage mit – es mit Blick auf Reiche als kritikwürdig gilt, wenn jemand die Rolle des Verteidigers einnähme, dann stellt sich die Frage: Sind Reiche schlimmer als Mörder, so dass sie nicht einmal einen Verteidiger verdienen?

     

    4. Bräuchten wir nicht – aufgrund der gravierenden Schere, die sich auch in Deutschland zwischen arm und reich immer mehr auftut ein Buch, das nicht den Reichtum legalisiert, sondern eine Debatte anstößt, wie die Armut zu bekämpfen sei?

    Zitelmann: Ihre Frage wundert mich: Erstens gibt es jede Menge Bücher zu diesem Thema. Wozu sollte ich ein weiteres hinzufügen? Und eine Debatte über die sogenannte Schere zwischen Arm und Reich wird doch seit Jahren intensiv geführt, die muss ich nicht erst anstoßen. Ich habe mit meinem Buch jetzt eine ganz neue Debatte angestoßen, nämlich über die Sicht auf die Reichen.


    Rainer Zitelmann
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    Dr. Dr. Rainer Zitelmann ist Historiker, Politikwissenschaftler und Soziologe - und zugleich ein erfolgreicher Investor. Er hat zahlreiche Bücher auch zu den Themen Wirtschaft und Finanzen* geschrieben und herausgegeben, viele davon sind in zahlreiche Sprachen übersetzt worden. * Werbelink
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    Verfasst von Rainer Zitelmann
    Interview im EUROPEAN* Warum verteidigen Sie immer die Reichen, Herr Zitelmann? - Seite 2 1. Herr Zitelmann, Sie haben wieder ein viel beachtetes Buch geschrieben, 456 Seiten, fast 800 Fußnoten: „Die Gesellschaft und ihre Reichen“. International, sogar in der „Times“ wurde das Buch besprochen. Ein Buch für Reiche oder doch für Arme, die sich nicht darüber entrüsten sollen, sondern dadurch ihr Leben zu verändern? Zitelmann: Ein Buch für alle, die sich dafür interessieren, wie Sozialneid entsteht.