Die Angst und die Aktienmärkte - Seite 2
2014 mutierte das „New Normal“ zum „New Neutral“ (alle üblichen „Neutralniveaus“ – z.B. für Zinsen, Erträge, Wachstum – sollten sich auf einem niedrigeren Level einpegeln), 2015 erfasste (wieder einmal) die Angst vor einem Einbruch in China die Märkte, 2016 schockte Großbritannien die Welt mit der Brexit-Entscheidung. Die US-Wahlen bzw. der Regierungswechsel in den USA schien ebenfalls eine potenzielle Belastung zu werden (Stichwort „Handelskrieg“), zu dem es dann tatsächlich kam und der vor allem ab 2018 die Märkte in Atem hielt. Genauso wie weiterhin der Brexit und Wachstumsängste – siehe oben.
Warum Disziplin an den Börsen so wichtig, aber auch so schwer ist
Höchstwahrscheinlich ließe sich eine solche Aufstellung nicht nur für jedes Jahr, sondern für jeden Monat in den vergangenen 10 Jahren machen. Aber trotz allem stiegen die Aktienkurse. Fast scheint es, als hätten all diese Ängste nur bewirkt, dass den Märkten die Euphorie erspart blieb, die üblicherweise zu einem Top führt.
Natürlich ist es im Nachhinein leicht und billig, auf eine solche Entwicklung zu verweisen. Es hätte ja schließlich auch ganz anders kommen können. Daher ist der obige Chart eher ein Beleg dafür, warum es für Langfristinvestoren so schwierig ist, diszipliniert zu bleiben. Immerhin kam es in dieser Zeit zu einer Reihe von Korrekturen mehr oder weniger großen Ausmaßes im Zusammenhang mit den entsprechenden bearishen Meldungen und Analysen.
Die dürften zwischenzeitlich immer wieder etliche Investoren verschreckt haben, die dann Schwierigkeiten hatten, einen vernünftigen Wiedereinstieg zu finden – schließlich gab es in der gesamten Zeit keine echte „Entwarnung“ für die Konjunktur, wie der Chart oben zeigt. Eine Angst jagte die andere. Und an dieser „Mauer der Angst“ stiegen Aktien in den vergangenen Jahren immer weiter nach oben.
3 wichtige Lehren
Egal, wie man als Anleger davon profitiert hat – drei wichtige Lehren kann man aus diesem Beispiel allemal ziehen:
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Erstens brauchen Aktien offenbar keine Rekordwachstumsraten für eine Rally. Vielmehr profitieren sie von der Lücke, die zwischen der Realität und den Erwartungen klafft. Selbst ein geringes Wachstum, das aber die (niedrigen) Erwartungen übertrifft, ist dennoch eine positive Überraschung und treibt Aktien an. Und je pessimistischer die Ausblicke und Prognosen, umso eher ist dieses „Überraschungsniveau“ erreicht. Oder: Je niedriger die Latte hängt, desto eher springt auch ein Fußkranker darüber.