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    Branche im Blickpunkt  2893  0 Kommentare Business Development Companies: ein Wagnis für Klein- und Großanleger mit hoher Schwankungsbreite

    In seinem Gastbeitrag für den Smart Investor schreibt Luiz Pazos über eine spezielle Form von US-Beteiligungsunternehmen, die Business Development Companies.

    De la Vegas Tierwelt

    Seit vor über 300 Jahren der spanische Geschäftsmann und Schriftsteller Joseph de la Vega in seinem Buch „Confusión de confusiones“ (deutsch: „Die Verwirrung der Verwirrungen“)* das Treiben an der Amsterdamer Börse mit südamerikanischen Stier- und Bärenkämpfen verglich, ist die Tierwelt aus dem Finanzdschungel nicht mehr wegzudenken. Unter all den possierlichen Tieren im „Börsenzoo“ (André Kostolany) genießt eines zweifellos einen miesen Ruf: die Heuschrecke. Bereits Anfang der 2000er-Jahre kam die Metapher für Private Equity respektive Beteiligungsunternehmen auf. Berühmt hat sie dann im November 2004 und April 2005 der damalige SPD-Vorsitzende – Franz Müntefering – gemacht, um seinem Unmut über den Verkauf der Firma GROHE von einem Finanzinvestor an ein Konsortium Ausdruck zu verleihen.

    BDCs für Kleinanleger zugänglich

    Doch wie in der Natur erfüllen Heuschrecken auch in der Ökonomie ihren Zweck. So hielten die sogenannten Wirtschaftsweisen in ihrem Jahresgutachten 2005/06 Folgendes fest:

    „Empirische Untersuchungen über die Auswirkungen von Private Equity, die für verschiedene Länder vorliegen, zeigen mehrheitlich, dass Private-Equity-finanzierte Unternehmen − verglichen mit ähnlichen, anderweitig finanzierten Unternehmen − überdurchschnittlich wachsen, mehr Arbeitsplätze schaffen, und einen höheren Anteil von F&E-Investitionen aufweisen.“

    Frühzeitig erkannt und kultiviert wurde das Potenzial privaten Beteiligungskapitals hingegen in den USA, wo mit der Business Development Company (BDC) ein börsennotiertes, transparentes und reguliertes Instrument geschaffen wurde, welches das Segment, das zuvor nur institutionellen und sehr vermögenden Investoren offen gestanden hatte, für Kleinanleger zugänglich machte.

    Sonderform eines börsennotierten Investmentfonds

    Bei der BDC handelt es sich um eine gesetzlich normierte und reglementierte Form börsennotierter Beteiligungs- und Sanierungsgesellschaften in den USA, die vor allem Eigen- sowie Fremdkapital an kleine und mittlere US-Unternehmen vergibt.

    Gemäß den Zahlen des Internationalen Währungsfonds (IWF) aus dem Jahr 2014 steht der US-amerikanische Mittelstand für ein hypothetisches Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 6,7 Billionen US-Dollar und repräsentiert damit isoliert betrachtet nach den Gesamt-USA und China die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Rechtlich werden BDCs, die in dieser Form ausschließlich in den Vereinigten Staaten existieren, seit jeher als Sonderform eines börsennotierten Investmentfonds klassifiziert.

    Derzeit gibt es 43 BDCs mit einem Börsenwert von knapp 30 Milliarden US-Dollar. Die drei größten sind Ares Capital (ISIN: US04010L1035) mit einer Marktkapitalisierung von 5,5 Milliarden US-Dollar, Owl Rock Capital (ISIN: US69121K1043) mit gut 4,7 Milliarden US-Dollar und Main Street Capital (ISIN: US56035L1044) mit etwa 1,8 Milliarden US-Dollar.

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    Regularien und Besonderheiten

    BDCs müssen ganz überwiegend in gesetzlich vorgegebene „qualifying assets“ investieren: im Wesentlichen nicht-börsengehandelte Unternehmen beziehungsweise solche mit einer Marktkapitalisierung von maximal 250 Millionen US-Dollar. Ferner sind eine maximale Verschuldungsgrenze – für jeden Dollar Schulden muss eine BDC mindestens 1,50 US-Dollar Vermögenswerte vorhalten – sowie eine minimale Diversifikation vorgeschrieben. Damit spiegeln die Beteiligungsgesellschaften einen repräsentativen Querschnitt des US-amerikanischen Mittelstands quer durch alle Branchen und Regionen wider – vom hippen Internet-Start-up bis zum alteingesessenen Maschinenbauer. Im Gegensatz zu klassischen Investmentfonds sind sie zudem nicht auf die Rolle des passiven Investors festgelegt. Per Gesetz sind sie sogar verpflichtet, ihren Beteiligungen „signifikante Managementunterstützung“ anzubieten.

    Aktuell betreut Ares Capital beispielsweise über 300 Beteiligungen und weist eine Eigenkapitalquote von 41,6 Prozent auf. Bei Owl Rock Capital sind es etwa 100 und 58,4 Prozent, bei Main Street Capital um die 200 und 53,9 Prozent.

    Nach der Weltfinanzkrise hat der Corona-Crash die Risiken des Sektors in Form der hohen Volatilität erneut vor Augen geführt. Die Schwankungsbreite kann angesichts des Geschäftsmodells nicht weiter verwundern. Den hohen Ertragschancen der einzelnen Investitionen stehen trotz sorgfältiger Auswahl entsprechend hohe Ausfallrisiken gegenüber, die nicht nur von beeinflussbaren betriebswirtschaftlichen (systematischen Risiken), sondern auch von unbeeinflussbaren volkswirtschaftlichen Faktoren (unsystematischen Risiken) bestimmt werden.

    Diese ohnehin schon ausgeprägte Zyklik wird zudem durch den Einsatz von Fremdkapital verstärkt, auch wenn dieser limitiert ist. Erschwerend kommt im Fall einer Rezession hinzu, dass die meisten Beteiligungen einer BDC gerade wegen ihrer fehlenden Börsennotierung nicht oder nur schwer liquidierbar sind, sodass sie gegebenenfalls gezwungen sind, „schlechte“ Beteiligungen lange zu halten oder mit hohen Preisnachlässen zu veräußern.

    Darüber hinaus sind BDCs aufgrund ihrer Fremdkapitalbeteiligungen beziehungsweise Zinseinnahmen im Vergleich zu anderen Unternehmen deutlich zinssensibler. Will heißen: BDCs stehen in noch engerem Wettbewerb mit zinstragenden Anlagen als beispielsweise „normale“ Aktien. Dementsprechend empfindlich reagieren die Kurse und mit Verzögerungen die Erträge auf Änderungen des Zinsniveaus – nach oben wie nach unten.

    Steuerbefreiung und hohe Renditen

    Nicht zuletzt aufgrund des Risikoprofils eignen sich BDCs als Beimischung für risikofreudige wie einkommensorientierte Investoren. Was letzteren Aspekt angeht, können die Beteiligungsgesellschaften mit einem unschlagbaren Vorteil aufwarten: So ist eine BDC von der Körperschaftsteuer befreit, sofern sie jährlich mindestens 90 Prozent ihres steuerbaren Einkommens an die Anteilseigner ausschüttet.

    Diese faktisch vorgegebene Mindestausschüttungsquote in Kombination mit der Steuerbefreiung auf Unternehmensebene hat Investoren in der Vergangenheit Dividendenrenditen von etwa acht bis zwölf Prozent pro Jahr beschert, wobei nach guter angelsächsischer Tradition vierteljährlich ausgeschüttet wird. Eine interessante Alternative für Freunde festverzinslicher Wertpapiere sind die ebenfalls börsennotierten Anleihen, die zahlreiche BDCs regelmäßig emittieren.

    Egal ob Anteil oder Anleihe – die jeweils anfallende US-amerikanische Quellensteuer in Höhe von 15 Prozent lässt sich gemäß Doppelbesteuerungsabkommen voll auf die Abgeltungsteuer anrechnen. Heimische Anleger, die den BDC-Sektor möglichst marktbreit mit einem einzigen Wertpapier abdecken möchten, können auf den börsennotierten First Trust Specialty Finance and Financial Opportunities Fund (ISIN: US33733G1094) setzen, dessen Portfolio zu etwa 90 Prozent mit BDCs bestückt ist.

    Autor: Luiz Pazos

    Kurzvita von Luis Pazos (Foto):
    Er wurde 1974 im Rheinland geboren und lebt in Südniedersachsen. Der Manager, Buchautor und Finanzblogger handelt seit 1994 ein breites Spektrum von Wertpapieren an den weltweiten Börsenplätzen. Sein Spezialgebiet sind passive Einkommensstrategien mit Hochdividendenwerten. Hierzu hat er mit „Bargeld statt Buchgewinn“ im FinanzBuch Verlag ein Standardwerk zum Thema verfasst. Erfahrungen und Fachwissen teilt Luis Pazos regelmäßig mit allen Lesern seines Finanzblogs – in dieser Form ein einzigartiges Angebot im deutschsprachigen Raum.

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    Dieser Artikel aus der Smart Investor-Ausgabe 06/20 bezieht sich auf Daten, die bis zum 23.05.2020 erfasst wurden.

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    Verfasst vonNicolas Ebert
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