EZB – Keine Entscheidung ohne den EU-Gipfel
Von der heutigen EZB-Sitzung erwarteten die Händler und Investoren wenig bis gar nichts. Ein klassisches Non-Event zeichnete sich ab. Die getroffenen Maßnahmen bei den letzten beiden EZB-Sitzungen bleiben zunächst bestehen. Die EZB bestätigte das Volumen des bis Mitte 2021 laufenden Pandemiekaufprogramms PEPP von 1,35 Billionen Euro. Das monatliche APP-Programm in Höhe von 20 Milliarden (plus 120 Milliarden für die Monate März bis Dezember) bleibt ebenfalls bestehen.
Die Dimension der Maßnahmen lässt sich am besten mit den Maßnahmen der Fed vergleichen. Wenn man bedenkt, dass die EU-Wirtschaft nur ein Viertel so groß ist wie die der USA, die Hilfen jedoch bereits knapp 115 % des erzielten BIP ausmachen, gegenüber 36 % in den USA hat die EZB deutlicher weniger Spielraum, als die Notenbank Kollegen in den USA. Ein weiterer Grund für die EZB, durchweg vorsichtiger zu sein.
In der Pressekonferenz wird sich EZB-Präsidentin vermutlich zu der weiteren Gangart der EZB äußern bzw. Mario Draghis „Whatever it takes“ einnehmen. Die Zentralbanken sind zu einem entscheidenden Akteur am Finanzmarkt geworden.
Obwohl ein Ende der COVID-Krise nicht in Sicht ist, gibt es derzeit auch keinen zusätzlichen Druck, da der größte Teil Europas das schlimmste Tal der Krise überwunden zu haben scheint. Weitere Stimulierungsmaßnahmen könnten, wenn erforderlich, zu einem späteren Zeitpunkt immer noch erfolgen.
Wichtiger als die Geldpolitik scheint derzeit ein Konsens der einzelnen Mitgliedstaaten bei der künftigen Gestaltung Europas zu sein. Die Beratungen der EU-Staats- und Regierungschefs über den milliardenschweren Wiederaufbaufonds oder gar Euro-Bonds sind entscheidend für die Widerstandsfähigkeit des Kontinents. Deutschlands Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft kommt zu einem entscheidenden Zeitpunkt. Deutschland ist und bleibt die Wachstumslokomotive in der EU.
Kanzlerin Merkel versucht eine zweigleisige Erholung innerhalb der Eurozone zu vermeiden. Dies ist der Kern der Unterstützung der deutschen Bundeskanzlerin für den von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Konjunkturfonds in Höhe von 750 Milliarden Euro, der im Mai vorgestellt wurde. Das Ziel ist klar: Indem sie sich mit den am schlimmsten von Covid betroffenen Ländern solidarisch zeigt, besteht die Chance, ein robustes neues Gebilde zu bauen, dass alle EU-Mitgliedsstaaten mit einem erneuerten kollektiven Zweck zusammenbindet. Deutschland investiert massiv, rückt von der Politik der „schwarzen Null“ ab und will Führungsstärke zeigen. Eine solche Führungsstärke, wie sie Merkel gezeigt hat, wird nun auch von ihren künftigen Nachfolgern verlangt, um die unternehmerische und wirtschaftliche Neuerfindung Deutschlands in der Zeit nach der Pandemie werden zu lassen.
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