Corona und Politik getrotzt
Modernisierungen, Übernahmen und kaum Mieteinbußen: DAX-Top-Performer Deutsche Wohnen und Vonovia überraschen
Trotz Pandemie und den Versuchen der Politik, Mietsteigerungen in den großen Ballungsräumen zu stoppen, sind große Immobilienkonzerne wie Vonovia und Deutsche Wohnen weiter auf Wachstumskurs.
So sah der vom Berliner Senat beschlossene „Mietendeckel“ eine Obergrenze bei Neuvermietungen vor. Auch in die Bestandsmieten wurde eingegriffen. Insbesondere die Deutsche Wohnen wurde von Teilen der Politik zum neuen Lieblingsfeind auserkoren. Der Konzern besitzt deutschlandweit mehr als 162.000 Wohnungen. Die meisten davon befinden sich im Großraum Berlin. Was lange Zeit als Kaufargument galt – die Hauptstadt zog schließlich immer mehr Menschen an –, wurde plötzlich zu einem K.O.-Kriterium.
Und heute?
Nicht nur ist die Aktie der Deutsche Wohnen inzwischen in den DAX aufgestiegen – mit einem Kursplus von rund 40 Prozent auf Jahressicht gehört sie zusammen mit dem Papier von Vonovia sogar zu den Top-Performern. Das Coronavirus hat hier vieles auf den Kopf gestellt. Konkret reduzierte sich das Wachstum der Mieteinnahmen im Konzern zum Halbjahr durch den Mietendeckel nur moderat, nämlich von 2,8 auf 1,7 Prozent.
Trotz dieser Entwicklung und gleichzeitig höherer Zinsaufwendungen blieben die Funds from Operations 1 (FFO) mit 283 Millionen Euro weitgehend stabil. Für das Gesamtjahr ist laut Vorstand eine ähnliche Entwicklung zu erwarten. Größere Mietausfälle gebe es nicht. In Corona-Zeiten wird ein so hohes Maß an Verlässlichkeit und Stabilität geschätzt.
Funds from Operations (FFO):
In der Immobilienbranche werden die FFO als zentrale Kennzahl zur Beurteilung der Ertragskraft herangezogen. Dabei handelt es sich um das operative Ergebnis vor Abschreibungen, Steuern und
Einmaleffekten. Viele Unternehmen nehmen die FFO als Grundlage ihrer Dividendenzahlungen. Sie sind mit dem operativen Cashflow vergleichbar.
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Damit ist zugleich die Situation beim Konkurrenten Vonovia beschrieben – dessen Wohnungsbestand verteilt sich jedoch über mehr Länder und Regionen. Auf die deutsche Hauptstadt entfallen nur rund zehn Prozent der insgesamt 415.000 Wohnungen, weshalb man anders als Deutsche Wohnen für das Jahr 2020 erneut höhere FFO von bis zu 1,325 Milliarden Euro (Vorjahr: 1,2 Milliarden Euro) in Aussicht gestellt hat. Bei den Mieteinnahmen erwartet man einen Anstieg von zehn Euro auf 2,3 Milliarden Euro. Vonovia investiert kräftig in Modernisierungen und Neubauten.
Für beides sind in diesem Jahr 1,6 Milliarden Euro eingeplant. Gleichzeitig gehören Übernahmen und Beteiligungen im europäischen Ausland zur Wachstumsstrategie. Im Juni gab Vorstandschef Rolf Buch den Einstieg beim niederländischen Vesteda Residential Fund bekannt. Ende des Jahres 2019 kam der in Stockholm ansässige Wohnimmobilienkonzern Hembla dazu. Sowohl bei Vonovia als auch bei Deutsche Wohnen richtet sich der Blick nach Karlsruhe: Vor dem Bundesverfassungsgericht soll eine Klage gegen den Berliner Mietendeckel verhandelt werden. Wird das umstrittene Gesetz gekippt, könnte sich der Aufwärtstrend beider Aktien fortsetzen.
Autor: Marcus Wessel, Smart Investor
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