So tickt die Börse
Die (Aktien-)Welt von Übermorgen mit Doordash und AirBnB
Ich habe Doordash und AirBnB näher angeschaut und mir eine Meinung über das Bewertungsniveau gebildet. Was können wir aus diesen Börsengängen ableiten?
Ach wären wir doch nochmal 20. Wir würden die Aktien kaufen, die übermorgen zu Weltkonzernen gehören. An der Börse wird die Zukunft gehandelt, doch in diesen Tagen habe ich den Eindruck, es wird die ferne Zukunft gehandelt. Nicht Morgen, sondern Übermorgen.
BÖRSENGANG VON DOORDASH MIT 80% KURSSPRUNG AM ERSTEN HANDELSTAG
Doordash ist letzten Mittwoch an die US-Börse gegangen: das Unternehmen hat in den vergangenen zwei Jahren Grubhub (20%) sowie Uber East (22%) in die Schranken verwiesen und sicherte sich in den
USA einen Marktanteil von 49% für Essenslieferungen nach Hause. Im Jahr 2019 setzte der Konzern 885 Mio. USD um, im laufenden Jahr werden es dank Corona wohl 2,5 Mrd. USD. Unsere Rule 40
überspringt das Unternehmen locker (Umsatzwachstum + Gewinnmarge > 40), denn bei fast 200% Umsatzwachstum spielt der Verlust von 12% kaum eine nennenswerte Rolle.
Wir haben im DAX auch ein Unternehmen, das mit der Essensauslieferung Geld verdient: Delivery Hero setzte im Jahr 2019 sogar 1,5 Mrd. Euro um, für das laufende Jahr
werden 2,5 Mrd. Euro erwartet. Oha, nur 66% Umsatzwachstum und eine Gewinnmarge von -24%. Das wird knapp, aber auch Delivery Hero landet noch über der 40er-Regel. Delivery Hero wird mit
abenteuerlichen 22 Mrd. Euro bewertet, ein Kurs/Umsatz-Verhältnis (KUV 21e) von 9.
Doordash ging zum Kurs von 102 USD an die Börse und wollte gerne 29 Mrd. USD wert sein. Das entspricht einem KUV 21e von 11. Jeder, der die obige Rechnung nachvollziehen kann, wird mir zustimmen,
dass Doordash aufgrund der größeren Wachstumsrate und der nicht ganz so dramatischen Verlustmarge höher bewertet sein muss als Delivery Hero. Soweit so gut. Das fanden auch die Anleger und kauften
die Aktie unlimitiert zu 180 USD, am Ende des Tages stand die Aktie bei 186 USD. Die Marktkapitalisierung liegt damit bei 53 Mrd. USD, das KUV 21e liegt bei 21.
Aber es gibt tatsächlich Bewertungsansätze, die diese hohe Bewertung rechtfertigen: Doordash unterscheidet Kosten, die für den Umsatz erforderlich sind, und Kosten, die für Marketing, Investitionen, Administration etc. anfallen. Die Kosten des Umsatzes (bspw. Botengehalt) sind in den vergangenen 18 Monaten von einem Anteil von 74% am Umsatz auf zuletzt 43% gesunken. Je besser das Geschäft skaliert, also je mehr Marktanteil Doordash gewinnt, desto geringer wird der Anteil dieser Kosten. 38% scheinen schon bald erreichbar. Die anderen Kosten sind zu einem Teil variabel, so könnte das Marketing deutlich reduziert werden, wenn man Marktführer ist. Auch die Administrationskosten werden anteilig immer geringer. So wird dem Geschäftsmodell Odell von Doordash eine normalisierte, also um Sondereffekte des Wachstums bereinigte Gewinnmarge von 21% zugetraut. Lukrativ, oder?