Egbert Prior
Volkswagen erfindet sich komplett neu
Gegenüber dem Mehrjahreshoch im April (252,20 Euro) haben die Vorzüge gut 20% abgegeben und notieren aktuell mit 195,48 Euro.
Gegenüber dem Mehrjahreshoch im April (252,20 Euro) haben die Vorzüge gut 20% abgegeben und notieren aktuell mit 195,48 Euro. In den ersten Monaten des Jahres feierte die Börse die ausgegebene
Marschroute, in wenigen Jahren die gesamte Fahrzeugflotte auf Elektro umzustellen. Jetzt treibt Vorstandschef Herbert Diess einen noch radikaleren Strategiewandel voran: Volkswagen soll vom Autohersteller zur Mobilitätsplattform mutieren. Das aktuell ermäßigte Kursniveau könnte sich vor diesem Hintergrund als günstige
Einstiegsgelegenheit erweisen. Unlängst
übernahmen die Wolfsburger für 2,8 Milliarden Euro Europcar , den größten europäischen Autovermieter. Unternehmenslenker Diess möchte VW zu einem softwarebasierten Mobilitätsanbieter verwandeln.
Der Autovermieter mit Sitz in Paris soll zu einer Plattform für Angebote rund um Carsharing, Mitfahrdiensten und Abomodellen weiterentwickelt werden. Vorbild ist Apples App-Store. Über die
VW-Plattform könnten beispielsweise auch Robotaxis angeboten werden. Das autonome Fahren dürfte sich zu einem milliardenschweren Zukunftsmarkt entwickeln. 2025 möchten die Niedersachsen damit am
Start sein. Auf der IAA war bereits ein autonomfahrender ID.Buzz zu sehen, auf Basis der Lidar-Technologie. Von
der aktuellen „Chip-Krise“ herausgefordert, kann sich CEO Diess auch vorstellen wie das Vorbild Apple, eigene Microchips zu entwickeln und dann durch
Auftragsfertiger produzieren zu lassen. So könnte auch ein größerer Teil der Wertschöpfung bei den Niedersachsen verbleiben. Das strategische Ziel ist der Supercomputer auf vier Rädern. China
dürfte sich zum größten Markt für selbstfahrende Autos entwickeln. Pilotprojekte
gibt es beispielsweise in Peking oder Shanghai. Für den Umbau des VW-Konzerns sind enorme Investitionen nötig. Bis 2025 sollen35
Milliarden in die Elektromobilität fließen und 27 Milliarden in die Digitalisierung. Vorstandschef Diess tritt auf die Kostenbremse. Er möchte die Fixkosten bis 2023 um 5% gegenüber dem Niveau des
letzten Jahres drücken. Die Materialkosten sogar um 7%. Denn die Rentabilität soll unter den gewaltigen Investitionen nicht leiden, das Ziel ist eine operative Umsatzrendite zwischen 8 und 9%. Für
2021 wird die Umsatzrendite zwischen 6 und 7,5% erwartet. Die Prognose wurde im laufenden Turnus bereits zum zweiten Mal angehoben. Aktueller Börsenwert
124 Milliarden. Etwa halber Jahresumsatz. Ok. Das KGV rund 7. Günstig, auch wenn die Aktie zyklisch ist. Fazit: In Wolfsburg bleibt kein Stein auf dem anderen. Die Aktie könnte vor einer
Neubewertung stehen.