Einzelhandel
Habona wertet Einzelhandelsjahr 2021 aus – Was ist los im Olymp?
Hohe Erwartungen sind an den herbeigesehnten Freedom Day geknüpft. Einkaufsstraßen und Einkaufszentren mögen doch wieder zu lebendigen Marktplätzen werden. Besteht für Bürgermeister und Investoren Anlass zur Hoffnung?
Stühle rücken auf der Wolkenbank. Zwei Jahre Pandemie + Ukrainekrieg haben die Meinung über die Sicherheit von Immobilieninvestments in Bewegung gebracht. Foto: Best of Rob
Handelsimmobilien im Stresstest – Der Wunsch nach Normalität
Das Statistische Bundesamt hatte bereits im November letzten Jahres Rekordumsätze im Einzelhandel von nominal 3,1 % prognostiziert, rund 15 Milliarden Euro. Ganz so viel ist es nach jüngsten Auswertungen des Habona Research Center dann doch nicht geworden, auch weil das Weihnachtsgeschäft in den deutschen Innenstädten und Shoppingmalls noch schlimmer endete als ohnehin befürchtet wurde (minus 35 % ggü. Vor-Corona).
Mittlerweile kann davon ausgegangen werden, dass alle Altersklassen sehr geübt darin sind, sich mittels Smartphone, iPad oder Surface mehr als ausreichend einzudecken. Das Ende des Jahres aufgelaufene Minus im Ladeneinzelhandel von nur 1,3 % hält sich dagegen auf den ersten Blick optisch in engen Grenzen. Kameras wollen an sonnigen Tagen bereits wieder mehr Besucherinnen in den Fußgängerzonen gezählt haben. Und Analysten sind sich weitgehend einig, dass es trotz Digitalisierung auch zukünftig Läden und Büros in der Innenstadt geben wird.
Tatsächlich hat sich als Rückgrat des stationären Einzelhandels wieder einmal der Lebensmitteleinzelhandel bewiesen. Nach Rekordzuwächsen im ersten Coronajahr 2020 von rund 20 Milliarden Euro wurden im zweiten Pandemiejahr noch einmal rund 3 Milliarden Euro zusätzlich in die Läden getragen.
Die Schere zwischen Food und Nonfood-Umsätzen geht weiter auf
Trotz aller Hoffnungen auf eine Normalisierung der Nachfrage in den gebeutelten Einkaufslagen, die vor allem durch Fashion und andere Nonfood-Angebote geprägt sind, trotz allem gebotenen Optimismus im Einzelfall sollte allerdings das große Ganze immer im Blick behalten werden: Die langfristige Entwicklung der Umsatzsituation in den großen Leitbranchen des stationären Einzelhandels im Vergleich zur Entwicklung der Standortkosten.
Der seit Jahren von Habona ausgewertete Datenkranz (s. Infografik) weist für die innenstadtrelevanten Fashionumsätze seit 2007 ein mittlerweile auf rund 40 % aufgelaufenes Minus auf, während die Standortkosten sich gleichzeitig um rund 50 % erhöht haben. Die strukturell bedingte Schieflage ist heute nicht mehr zu übersehen, hat sich aber bereits über einen langen Zeitraum in Immobilienanlagen mit hohem Nonfood-Anteil und aperiodischer Kundennachfrage eingeschlichen.
Völlig anders sieht das Bild in den Nahversorgungsbranchen aus, getrieben von den Megatrends Digitalisierung, Demografie – und der ungebremsten Suburbanisierung. Obwohl wir nicht mehr essen und trinken können, haben wir in den letzten 15 Jahren rund 60 % mehr für unsere tägliche Bedarfsdeckung ausgegeben. Weniger Zeit und mehr Qualitätsansprüche auf der Nachfrageseite spornen Edeka, Rewe, Lidl & Co. zu noch mehr Innovation an. In den kommenden Jahren gilt es vor allem bequeme, schnell erreichbare und nachhaltige Konzepte in den Stadtteil- und Stadtrandlagen auszubauen, in denen Flink, Getir und Gorillas keinen Mehrwert bieten.
Eine wachsende Zahl institutioneller Anleger hat Nahversorgungsimmobilien spätestens in der Pandemie als stabile Wertanlage mit verlässlichen Cashflows erkannt und sie mittlerweile in den Olymp der Core Assets aufgenommen. Andere, als „sicher“ geglaubte Standort- und Immobilientypen werden dagegen zu Recht spürbar kritisch hinterfragt.