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     5008  0 Kommentare Das Märchen vom Kurswechsel der EZB - Seite 2

    Wenn die geldpolitische Planwirtschaft geht, kommt die Marktwirtschaft verheerend zurück

    Die europäische Kette ist eben nur so stabil wie ihr schwächstes Glied. Und es gibt einige muskelschwache Länder. Würde man ihnen das Stützkorsett der geldpolitischen Planwirtschaft komplett wegnehmen, geriete so manches überschuldete romanische Euro-Land in arge Finanznot. Käme es nach der renditedrückenden Liquiditätsschwemme sogar zu einer -austrocknung, wären also Faktoren wie Bonität wieder für Preise von Staatsanleihen bestimmend, stiegen ihre Kreditzinsen ähnlich wie heliumgefüllte Luftballons auf einem Kindergeburtstag. Ihre von der EZB künstlich geschaffene Happy Hour der Finanzstabilität wäre gefährdet.  

    Tatsächlich haben Vertreter der südlichen Euro-Länder blanke Angst, eine zu restriktive Zins- und Liquiditätspolitik der EZB könne ihre künstliche Finanzstabilität gefährden.

    An den Finanzmärkten ist bereits ein Auseinanderlaufen der Zinssätze zu beobachten. So haben sich die Risikoaufschläge anderer europäischer Länder zu deutschen 10-Jahres-Staatsanleihen binnen sechs Monaten ungefähr verdoppelt. Besonders markant ist die Abkopplung Italiens.

    Lieber mehr Inflation als weniger Euro-Frieden

    Würde sich diese Entwicklung fortsetzen, riskierte man im Extremfall die nächste Schuldenkrise. Angesichts dieses existenziellen Risikos für Europa wird die EZB zukünftig eine „konstruktiv ambivalente“ Geldpolitik betreiben.

    Was sich sehr akademisch anhört, ist bei näherer Betrachtung profan: Etwas Zinserhöhungspolitik ja, aber nein, bloß nicht überreizen. Mehr Inflation ist eben der Preis für „Ein bisschen Euro-Frieden“.

    Übrigens, wenn die EZB keine neue Liquidität mehr in die Finanzmärkte pumpt, klingt das schlimmer als es ist. Das Rekordniveau an Geldversorgung bleibt erhalten, da Erträge aus auslaufenden Zinspapieren immer wieder neu angelegt werden. Hier böte sich auch ein mögliches Werkzeug zur Verhinderung einer Zweiteilung der nationalen Zinssätze. Die EZB könnte auf die fixe Idee kommen, Beträge aus fälligen z.B. deutschen Anleihen südeuropäischen Zinspapieren zugutekommen zu lassen.

    Dann reden wir nicht mehr nur von Planwirtschaft, sondern von Zins-Sozialismus. Die EZB lässt Länder auch ohne Reformbemühungen weiter nicht hängen. Das Leistungsprinzip wird wohl auch zukünftig weiter mit Füßen getreten, was für eine Wirtschaftsregion der schleichende Tod ist.    

    Unabhängig davon fällt aber auch in den starken Ländern Europas das Stabilitätsbekenntnis immer schwächer aus. So wird in Deutschland propagiert, dass der Sozialstaat in Wort und Tat besser werden müsse. Das ist eine hübsche Umschreibung der Forderung nach mehr Staatswirtschaft. Und wer soll diese Rechnungen wohl bezahlen?

    Trotz Zinskosmetik bleibt die EZB der Laufbursche der Politik. Für einen klaren Kurswechsel Richtung geldpolitischer Normalität oder gar Preisstabilität ist kein Platz mehr, höchstens für den Scheinheiligenschein.  

    Und wenn sie nicht gestorben ist, dann rettet die EZB noch heute, morgen und übermorgen.

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    Robert Halver
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    Robert Halver verfügt über langjährige Erfahrung als Kapitalmarkt- und Börsenkommentator und ist durch regelmäßige Medienauftritte bei Fernsehsendern und Radiostationen, auf Fachveranstaltungen und Anlegermessen sowie Fachpublikationen und als Kolumnist einem breiten Anlegerpublikum bekannt. Seine Markenzeichen, die unterhaltsame, bildhafte Sprache, kommen bei keinem seiner Auftritte zu kurz.

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    Verfasst von Robert Halver
    Das Märchen vom Kurswechsel der EZB - Seite 2 Das Märchen vom Kurswechsel der EZB Oh Wunder, mittlerweile hisst selbst die zaudernde EZB die Fahne der Restriktion. Die Leitzinswende ist eingeläutet und Liquiditätsspenden werden nicht mehr verteilt. Das hört sich an wie Wind of Change, nach …