Ökosystem der Korruption
Bringt Wikileaks die Bank of America zu Fall?
„Ungeheuerliche Übertretungen“ und „unethische Praktiken“ einer US-amerikanischen Großbank will Wikileaks-Gründer Julian Assange Anfang dieses Jahres offenlegen. So lautet die Ankündigung im
US-Magazin Forbes vom November 2009. Wahrscheinliches Ziel: die Bank of America. Wie die New York Times berichtet, habe die Bank ein Team von Spezialisten gebildet, darunter die
Unternehmensberatung Booz Allen Hamilton und mehrere Anwaltkanzleien. Dabei geht es nicht allein im das Aufspüren von brisanten Inhalten interner Dokumente, von Auffälligkeiten und
Informationslecks, sondern auch um die Klärung der Frage, welche Konsequenzen eine Offenlegung von Kundendaten für die Bank habe.
Bereits vor einem Jahr hat Wikileaks-Gründer Julian Assange die Bank of America ins Spiel gebracht. Damals hatte die Enthüllungsplattform verkündet, im Besitz der Festplatte eines hochrangigen
Mitarbeiters der Bank zu sein. Umfang der Festplatte: 5 Gigabyte an Daten, was ungefähr 200.000 Textseiten entspricht, so die New York Times. Wie aber kann ein solch wichtiger Gegenstand in die
Hände von Wikileaks gelangen? Möglich, dass die Festplatte zu dem Beweismaterial gehörte, das der Securities and Exchange Commission (SEC), dem untersuchenden Kongressausschuss und dem New Yorker
Oberstaatsanwalt übergeben wurde. Die Behörden untersuchen seit 2009 Täuschungsvorwürfe im Zusammenhang mit der Milliardenübernahme der Investmentbank Merrill Lynch, die seit dem 1. Januar 2009
eine vollständige Tochtergesellschaft der Bank of America ist.
Julian Assange hat bislang nicht bestätigt, dass es sich bei den angekündigten Wikileaks-Enthüllungen um die Bank of America handeln würde. Allerdings ist die größte Bank der USA äußerst unpopulär.
So musste sie inmitten der Finanz- und Wirtschaftskrise mit Steuergeldern gestützt werden, da sie sich mit der Übernahme von Merrill Lynch schwer verhob. Zudem muss die Bank of America infolge der
Subprime-Krise milliardenschwere Belastungen schultern. Sie hat den beiden Hypothekenfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac große Pakete verlustreicher Verbriefungen verkauft, die sich im
Nachhinein als faul herausstellten. Informationen der Nachrichtenagentur dpa zufolge hat die Bank of America am Montag Fannie Mae und Freddie Mac eine Wiedergutmachung von jeweils rund 1,3
Milliarden Dollar überwiesen.
Um einer möglichen Schmäh- und Hetzkampagne im Internet vorzubeugen, hat sich die Bank of America laut New York Times jüngst verschiedene Webseiten zur Bank und dem Führungspersonal gesichert, wie
zum Beispiel BrianMoynihanSucks.com. Zudem wehrt sich die Bank auch auf eine andere Weise: Am 18. Dezember 2010 schloss sie sich dem Wikileaks-Boykott von MasterCard und Paypal mit der Begründung
möglicher illegaler Aktivitäten der Enthüllungsplattform an.
Bereits früher wurden von der Enthüllungsplattform Wikileaks Dokumente privater Kreditinstitute veröffentlicht – wie zum Beispiel Barclays of Britain oder der Schweizer Julius Baer. Eine besondere
Aufmerksamkeit erregten diese Veröffentlichungen allerdings nicht. Was ist also diesmal anders? Julian Assange sprach von einem „Ökosystem der Korruption“. Das allerdings dürfte sich weit über die
Mauern der Bank erstrecken und nicht allein die Bank of America zittern lassen. Wird es zu diesen Enthüllungen von Wikileaks kommen? Sind andere Kreditinstitute betroffen? Wir werden sehen...