Hüfners Wochenkommentar
Krasse Fehlprognose bei den Zinsen - Seite 2
Angeführt wird ferner die verbreitete Erwartung, dass die Geldpolitik im Euroraum noch einmal gelockert werden könnte. In der Tat gibt es seit Monaten Spekulationen, dass die Leitzinsen gesenkt werden könnten. Manche rechneten auch damit (noch wichtiger für die Kapitalmärkte), dass wie in den USA ein "Quantitative Easing"-Programm aufgelegt werden könnte. So etwas hätte natürlich zinssenkende Wirkungen. Bisher ist es dazu aber nicht gekommen. Ich halte es auch für unwahrscheinlich.
Ein anderer Grund, der genannt wird, ist, dass die öffentliche Hand sowohl in den USA als auch in Europa den Kapitalmarkt weniger in Anspruch nimmt. In Deutschland ist der Staatshaushalt inzwischen weitgehend ausgeglichen. Der Finanzminister muss nur noch die Tilgungen refinanzieren. Auch in anderen Staaten sieht es tendenziell besser aus. Das hilft natürlich den Zinsen. Andererseits sollte man den Effekt nicht übertreiben. So hoch waren die Kreditaufnahmen der öffentlichen Haushalte zuletzt nicht mehr.
Nun kann man sagen, dass es nicht ein einzelner Grund war, der die Kapitalmärkte bewegte, sondern die Gesamtheit aller Argumente. So etwas kommt manchmal vor. Diesmal ist es meines Erachtens aber nicht so.
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Es gibt nämlich ein Argument, das im bisherigen Verlauf des Jahres eine überragende Bedeutung hatte. Das ist die Zunahme der Risiken auf den Märkten beziehungsweise die Abnahme der Risikoneigung der Investoren. Es gab eine Reihe von Ereignissen, die die Anleger vorsichtiger werden ließ. Das begann im Januar mit den Unruhen in einer Reihe von Schwellen- und Entwicklungsländern, in denen es zu erheblichen Kapitalabflüssen kam. Dann gab es die politischen Spannungen in der Ukraine. In Euroland gab es Unsicherheiten im Zusammenhang mit den Regierungswechseln in Italien und Frankreich. All das hat auch die Aktienmärkte unsicher werden lassen. Die Kurse sind dort seit Januar per Saldo nicht mehr gestiegen. Es zeigte sich die alte Korrelation (die in der Vergangenheit manchmal in der Vergessenheit geraten ist): Wenn die Aktienkurse nicht mehr steigen, gehen Anleger in Bonds.
Für Anleger
Was heißt das nun für die weitere Entwicklung der Zinsen? Machen Anleger nicht einen Fehler, wenn sie bei dem erreichten niedrigen Niveau der Zinsen noch in langfristige Papiere investieren? Nicht unbedingt. Wer an eine Deflation in Euroland glaubt (ich tue das nicht), für den sind niedrigere Zinsen durchaus vorstellbar. In der Schweiz liegt die Geldentwertung bei Null, die langfristige Rendite ist auf 1 Prozent gesunken. In Japan rentieren zehnjährige Staatsanleihen nur bei 0,6 Prozent. Wenn den europäischen Kapitalmärkten solche Perspektiven bevorstehen sollten, dann sind Investments in langfristige Bonds auch bei den jetzigen Zinsniveaus noch interessant.