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    Hüfner  1111  0 Kommentare „Deflation ist nichts Schreckliches“ - Seite 2

    FundResearch: Müssen wir uns jetzt Sorgen machen, dass die Krise im Euroraum wieder aufbricht?

    Hüfner: Sie ist aufgebrochen. Aber ganz anders als beim letzten Mal. Es ist keine Krise mit der Befürchtung, der Euro könne zerbrechen. Es ist eine Krise, bei der es innerhalb des Euroraums einfach nicht stimmt. Wenn europäische Banken sich weigern, den Italienern Kredit zu geben, dann stimmt was nicht. Man könnte es „Eurokrise 2“ nennen. 

    FundResearch: Der Leitzins in Europa sank in diesem Jahr immer weiter. Selbst der Einlagenzins wurde von der EZB in den negativen Bereich gedrückt. Mit der Skatbank aus Thüringen hat die erste Bank diesen „Strafzins“ an Privatkunden weitergegeben. Werden andere Banken diesem Vorbild folgen? 

    Hüfner: Ja, es werden mehr Banken diesen Schritt gehen. Denn die Banken stehen unter einem extremen Druck. Die Marge ist ohnehin schon sehr gering. Und jetzt müssen sie auch noch negative Einlagezinsen zahlen. Die werden sie auch an Privatkunden weitergeben. Im Firmenkundengeschäft ist das ja bereits der Fall. Im Falle der Skatbank muss man sagen: So macht man Marketing. Ich hatte vorher noch nie von dieser Bank gehört. Aber andere werden dem Beispiel folgen. Dadurch kommt eine neue Diskussion auf. Bisher gingen wir davon aus, dass zu viel Liquidität die größte Gefahr darstellt. Ich glaube, wir kriegen jetzt auch Gefahren durch negative Zinsen. Negative Zinsen sind am Ende wahrscheinlich gefährlicher oder zumindest genauso gefährlich wie das Quantitative Easing durch Staatsanleihen. Es führt dazu, dass der Mechanismus zwischen Sparen und Investitionen kaputt geht. Es bedeutet, dass zum Schuldenmachen ermutigt wird, dass die Anleger zusätzliche Risiken eingehen, weil sie für ihr Geld nichts bekommen oder dass sie zum Teil das Geld unterm Kopfkissen halten. 

    FundResearch: Im Frühjahr durchbrach der DAX die Marke von 10.000 Punkten. Im Herbst ging es wieder bergab. Warum konnte der deutsche Aktienmarkt von den anhaltend niedrigen Zinsen nicht nachhaltig profitieren?

    Hüfner: Das liegt zum Teil an der Verschlechterung der gesamten Lage. Zudem darf man Zinsen und DAX nicht in einer einfachen Korrelation sehen. Da gibt es viele Elemente. Aber es ist bemerkenswert, dass trotz der guten Entwicklung des DAX nicht mehr Leute in Aktien investieren. Die Zahl der Aktionäre hat sich zwar leicht erhöht, aber verglichen mit anderen Hochzeiten des DAX nicht wirklich viel. Im Jahr 2000 gab es 14 Prozent Aktionäre unter den Deutschen, jetzt sind es weniger als zehn Prozent. Das ist relativ wenig. Der Grund dafür ist schwer zu erklären. Vielleicht ist es eine Mentalitätsfrage. Es gibt aber ein anderes Problem, das jetzt in Amerika viel diskutiert wird, bei uns leider noch nicht: Die Geldpolitik wirkt nicht verteilungsneutral, was sie aber eigentlich sollte. Im letzten Jahr sind die Aktienkurse um 25 Prozent gestiegen – also Aktionäre haben für ihr Geld 25 Prozent bekommen. Arbeitnehmer haben dagegen lediglich 2,5 Prozent Lohnerhöhung bekommen. Das sind schon Welten, die dazwischen liegen. Das ist eigentlich eine Ungerechtigkeit, die durch die Geldpolitik kommt. Die Fed-Chefin Janet Yellen hat die Diskussion darüber in den USA gepusht, bei uns wird das auch noch kommen. Das sollte die Deutschen also anregen, mehr in Aktien zu investieren.

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    Patrick Daum
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    Patrick Daum ist Dipl.-Politologe mit Schwerpunkt für Europa, Wirtschaft und Recht. Als Redakteur bei €uro-Advisor-Services GmbH ist er zuständig für die Top-Themen auf www.fundresearch.de.
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    Verfasst von 2Patrick Daum
    Hüfner „Deflation ist nichts Schreckliches“ - Seite 2 Volkswirt Martin Hüfner spricht mit FundResearch exklusiv über das zu Ende gehende Jahr, seine Erwartungen für 2015 und darüber, was Gold mit amerikanischen Zigaretten zu tun hat.