EZB-Staatsanleihekäufe
Draghi zündet Bazooka - das Quantitative Easing kommt!
Über Wochen, nein Monate oder gar Jahre wurde gemunkelt, gehofft, gezittert und gestritten, jetzt ist es soweit: Die Europäische Zentralbank (EZB) wird Staatsanleihen aufkaufen - auch mit negativer Rendite.
19 Monate á 60 Milliarden Euro - macht 1,14 Billionen Euro. Das Ausfallrisiko soll zu 80 Prozent bei den nationalen Notenbanken liegen. 20 Prozent werden auf alle Euroländer verteilt.
Ein Künstler, und auch ein Euro-Retter, überlässt nichts dem Zufall. Der Ablauf, das Bühnenbild, die Show, das Publikum – alles wird bis ins Kleinste geplant. Die wahre Kunst liegt nun mal im Detail. Auch Mario Draghi, jener EZB-Chef, der gerne ins Heldenkostüm schlüpft um den Euro zu retten, ist ein solcher Perfektionist.
Es ist soweit - das Quantitative Easing kommt!
Und so ließ der EZB-Chef am heutigen Donnerstag die Bombe platzen: Die Europäische Zentralbank wird mit dem großangelegten Ankauf von Staatsanleihen im Rahmen eines ausgeweiteten Kaufprogramms von Vermögenswerten mit Investmentgrade, zu denen auch ABS-Papiere und gedeckten Schuldverschreibungen gehören, beginnen. Rund 60 Milliarden Euro will sie dafür in die Hand nehmen - pro Monat wohlgemerkt. 80 Prozent davon sollen in Staatsanleihen investiert werden. Das Programm soll bis Ende September 2016 laufen, bis "eine nachhaltige Veränderung der Inflationsentwicklung sichtbar ist", so Draghi mit Blick auf die Inflations-Zielmarke der EZB von knapp zwei Prozent. (zur EZB-Pressemitteilung hier lang)
Laufzeit und Umfang
Mit dem Ankauf von Staatsanleihen mit Laufzeiten von zwei bis 30 Jahren soll im März dieses Jahres begonnen werden. Darunter auch Staatsanleihen mit negativer Rendite! Sprich, die EZB müsse gar noch draufzahlen. Staatsanleihen aus Griechenland könnten ab Juli 2015 dazukommen, sollten die Rahmenbedingungen dies erlauben. Aufgrund des fehlenden Investmentgrades ist das der EZB derzeit nicht erlaubt.
Insgesamt 1,14 Billionen Euro - damit geht das tatsächliche Volumen der QE-Maßnahme deutlich über die Schätzungen der Experten hinaus. Diese hatten laut "Business Insider" im Vorfeld mit einer Größenordnung von 500 bis 800 Milliarden Euro gerechnet. Wie wallstreet:online gestern berichtete, gingen erste Gerüchte von 50 Milliarden Euro pro Monat und einer Laufzeit bis Ende 2016 aus.
Wie EZB-Chef Draghi mitteilte, gab es eine große Mehrheit für die heute verkündeten Maßnahmen sowie die Entscheidung zur Risikoaufteilung. Eine formelle Abstimmung sei nicht erforderlich gewesen.
Leitzins bleibt auf lange Sicht niedrig
Bei all dem Wirbel um das Quantitative Easing gerieten alle anderen Details des Zinsentscheids fast schon zur Nebensache: So belässt die EZB den Leitzins unverändert bei 0,05 Prozent - und er werde auf lange Sicht auf niedrigem Niveau bleiben, so Draghi. Auch der Einlagenzins für Banken bei der EZB liegt weiterhin bei Minus 0,2 Prozent.
Deutsche Sparer als Verlierer, Risiken beim Steuerzahler
Damit ist klar, auf die Sparer in Deutschland kommen weitere Verluste zu. Und die Steuerzahler? Die stehen dafür grade, wenn's schief geht. Kritiker bemängeln, das Programm reiche nicht aus, die Konjunktur in Europa anzukurbeln. Hier müsse die Politik mit Investitionsprogrammen in die Bresche springen und die Länder Strukturreformen konsequent umsetzen. Im Endeffekt wird es zu massiven Verschiebungen an den Märkten kommen.
Monatelang hat Draghi sorgsam an der Kulisse für diesen einen Auftritt gefeilt:
- Angefangen hat alles im Juni des vergangenen Jahres, als die EZB den Leitzins auf ein historisches Tief von 0,15 Prozent senkte und erstmals auch Strafzinsen für Bankeneinlagen einführte. Die (un)beabsichtigten Folgen dieses Zinsentscheids, sind bis heute spürbar. Die Zinswelt steht Kopf, Niedrig- und Strafzinsen gehören inzwischen zum Alltag.
- Im Oktober folgte der nächste Paukenschlag: Die EZB verkündete den Kauf von ABS-Papieren. Dass dabei auch Papiere mit niedriger Bonität, sogenannte Ramschpapiere, aufgekauft werden sollten, löste unter Ökonomen einen Sturm der Entrüstung aus (Siehe: EZB will Ramschpapiere aufkaufen - Ökonomen sind entsetzt).
- Den finalen Anstrich erhielt Draghis Kulisse schließlich im November 2014, als der EZB-Chef verkündete, die Bilanz der EZB auf rund drei Billionen Euro ausweiten zu wollen. Damit
war klar: Mit den bisherigen Mitteln kann und wird das nicht gelingen. Etwas größeres, weitreichender muss her …
… und jeder wusste, was mit diesem großen Etwas gemeint ist: Der Ankauf von Staatsanleihen. Draghi war ein perfekter Spannungsbogen gelungen - seit Monaten hoffen, zittern und streiten Experten über Sinn und Unsinn eines solchen Quantitative Easings (Siehe: Das sagen Experten zu möglichen Staatsanleihekäufen -auch Merkel äußert sich). Zuletzt stieg die Spannung ins Unermessliche, an den Märkten war förmlich zu spüren, wie jeder den Atem anhält (wallstreet:online berichtete). Die Kulisse, sie war perfekt. Perfekt für Mario Draghi und perfekt für den Ankauf von Staatsanleihen.
EUR/USD Intraday-Chart
DAX Intraday-Chart
